Netzwerk-Basiswissen, Teil 1

Anwendungen

In der Praxis sind die Anforderungen von Anwendungen an die Leistungsfähigkeit des Übertragungskanals sehr unterschiedlich. Häufig schwankt die Anforderung auch sehr stark während der Verbindungsdauer. So benötigt man während des Surfens im Internet während der meisten Zeit beim Lesen und Anschauen nur geringe Bandbreite. Demgegenüber wird beim Wechsel zu einer neuen Seite kurzfristig viel Bandbreite benötigt, um aufwendige Bilder oder Videos schnell zu laden.

Am anspruchsvollsten im Hinblick auf die Netzwerksanforderungen sind Anwendungen, die einen kontinuierlichen Datenstrom mit engen Randbedingungen für die Verzögerung erfordern. Ein klassisches Beispiel ist das Telefonnetz. Die erforderliche Datenrate ist zwar gering (64 kbit/s bei ISDN, 13 kbit/s bei GSM), aber die Daten müssen ohne große Verzögerung und für die Dauer der Verbindung ohne erkennbare Pausen übertragen werden. Aus diesem Grund werden Telefonverbindungen bis heute in großen Teilen mit leitungsvermittelnden Netzwerken realisiert. In Tabelle 2 sind für einige Anwendungen die erforderlichen Datenraten angegeben.

Datenraten

Anwendung

Datenrate

Tabelle 2: Datenraten für einige Anwendungen nach [1]

Sprachübertragung (Telefonqualität)

64 kbit/s

Audiosignale (hohe Qualität)

1-2 Mbit/s

Videosignale (komprimiert)

2-10 Mbit/s

Video

1-2 Gbit/s

Neben der absoluten Verzögerung kann auch die relative Schwankung eine Rolle spielen. Bei einer Videoanwendung ist beispielsweise die absolute Verzögerung nicht entscheidend. Ob das Video nach 50 ms oder 200 ms beginnt ist nur ein geringer Unterschied. Aber nach dem Starten des Videos müssen die einzelnen Bilder immer rechtzeitig im erforderlichen Takt (zum Beispiel 30 Bilder pro Sekunde) geliefert werden. Bei einem paketvermittelnden Netzwerk kann es zu Schwankungen der Laufzeit - so genanntem Jitter - kommen.

Im Extremfall überholt ein Paket das vor ihm gestartete Paket. Beim Empfänger kommt in solchen Fällen das Abspielen des Videos ins Stocken. Wenn die absolute Verzögerung keine große Rolle spielt, kann der Empfänger das Problem umgehen, indem er zunächst einige Bilder speichert und das Video erst mit einer entsprechenden Verzögerung abspielt. Dann können bei eventuellen Verzögerungen vermehrt Bilder aus dem Speicher wieder gegeben werden, bis der Sender neue Bilder schickt.