Datenbank stört Oracles Sun-Übernahme

MySQL-Streit: Unabhängigkeit als Lösung

Oracle soll die quelloffene Datenbanklösung MySQL, die von großen Webangeboten wie Facebook, Google und Wikipedia eingesetzt wird, in die Unabhängigkeit entlassen. Dazu rät die Free Software Foundation Europe (FSFE).

Dann könne MySQL sein volles Potenzial ausschöpfen, ohne dass sich Oracle Sorgen machen müsse, dass ein Konkurrent die Kontrolle über das Datenbankprojekt erlangt. "Eine unabhängige Lösung scheint für MySQL im Moment der einzige gangbare Weg zu sein", meint auch IDC-Analyst Rüdiger Spies gegenüber pressetext. Denn die Datenbank ist zum Stolperstein für Oracles Übernahme des derzeitigen MySQL-Eigners Sun geworden. Die EU-Kommission prüft den Deal, der sich für Oracle wohl unerwartet teuer und schwierig gestaltet.

Oracle ist selbst als Datenbankanbieter bekannt und würde mit Sun auch den Open-Source-Konkurrenten MySQL erwerben. Dass die Kombination "Oracle und MySQL irgendwie wie Feuer und Wasser" sei, war nach Ansicht von Spies klar. Der Widerstand gegen diese Paarung ist groß. So hat diese Woche Richard Stallman, Hauptautor der GNU General Public License (GPL), in einen offenen Brief der Open Rights Group EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes angehalten, einer Übernahme von MySQL durch Oracle nicht zuzustimmen.

Die FSFE sieht das Heil von MySQL in der Unabhängigkeit einer Non-Profit-Organisation. "Das Schicksal eines Projekts wie MySQL sollte nicht von einem einzelnen Unternehmen abhängen", meint FSFE-Präsident Karsten Gerloff. Dass MySQL für viele Parteien wertvoll ist, könnte dann das Fortbestehen sichern. " Ähnlich wie bei Samba oder Apache sollte es nicht allzu schwierig sein, ausreichend finanzielle Unterstützung für die Weiterentwicklung von MySQL zu bekommen", gibt sich FSFE-Deutschland-Koordinator Matthias Kirschner gegenüber pressetext zuversichtlich.

Unter Oracle könnte MySQL ausgehungert werden, warnt die FSFE. Auch Stallman betont, dass die GPL MySQL aufgrund einer Doppellizenzierung davor nicht schützen könne, da dies letztendlich Gewinne aus kommerziellen MySQL-Angeboten erfordere. Spies verweist darauf, dass Oracles-Bemühungen, sich als Open-Source-freundlich zu positionieren, nie so richtig glaubwürdig gewesen seien. "Insofern sind die Bedenken der Industrie, dass MySQL unter Oracle einen langsamen Tod sterben könnte, sicher berechtigt", meint der Analyst.

Um sich eine EU-Zustimmung zur Sun-Übernahme zu sichern, könnte Oracle auch auf einen MySQL-Verkauf setzen. Die Option, für die Datenbank ein neues Heim zu finden, würde offenbar Michael Widenius, der ursprüngliche Schöpfer von MySQL, bevorzugen. Er hat mit dem Open-Source-Aktivisten Florian Müller zusammengearbeitet, um die EU-Kommission von einer Prüfung der Sun-Übernahme zu überzeugen.

" Richard Stallman und seine Mitunterzeichner haben insofern Recht, als dass MySQL von bezahlten Vollzeitprogrammierern weiterentwickelt werden muss", meint Müller gegenüber pressetext. Community-Beiträge könnten zwar Tools hervorbringen, kaum aber zu weiterer Innovation an der eigentlichen Datenbank-Engine führen. "Der Wert von MySQL aufgrund der Beliebtheit und Bekanntheit des Produktes ist so groß, dass man sich um genug Käuferinteresse keine Sorgen machen muss", sagt der Aktivist. IDC-Analyst Bo Lykkegaard etwa hat diese Woche schon Red Hat und Novell als potenzielle Käufer genannt. (pte/cvi)