Chile fördert und unterstützt internationale Startups

Mehr Zukunft als Vergangenheit

Wohin gehen Gründer mit innovativen Ideen aber ohne Kapital? Anschubfinanzierungen suchen viele direkt im Silikon Valley und übersehen ein weltweit herausragendes Programm für Gründer.

Wer bereit ist mit ein paar Einschränkungen zu leben, dem bieten sich in der Hauptstadt Chiles - 10.000 Kilometer südlich von San Francisco - Bedingungen, die selbst im Silikon Valley nicht zu finden sind. Aber nicht nur für Gründer ist interessant, was die Regierung des lateinamerikanischen Andenstaates aufgebaut hat. Auch Verantwortliche in Politik und Förderinstitutionen sollten nach Chile schauen, wenn sie Anregungen für das digitale Deutschland suchen.

Start Up Chile Co - Working Gebäude in Santiago de Chile
Start Up Chile Co - Working Gebäude in Santiago de Chile
Foto: Dirk Stähler

In den letzten Jahren hat sich das Land zu einem Magneten für Startups entwickelt. Das 2010 von der staatlichen Wirtschaftsförderung Chiles ins Leben gerufene Programm Start-Up Chile hat maßgeblichen Anteil daran. Es verfolgt das Ziel, Startups aus aller Welt in einer frühen Phase der Gründung - zumindest temporär - in Chile anzusiedeln. Die Teilnehmer erhalten für sechs Monate eine Förderung von ca. 40.000 Dollar, ein Jahresvisum, Büroflächen, Zugang zu internationalen Mentoren und PR-Kanälen. Finanziert wird das Programm aus Geldern des Wirtschafts-, Entwicklungs-, Außen- und Innenministeriums. Das Besondere ist, dass der chilenische Staat im Gegenzug keine Beteiligung an den Startups fordert. Wer dies ließt stellt sich unweigerlich die Frage, wo ist der Haken?

Das Motiv hinter Start-Up Chile

Die chilenische Regierung möchte mit Start-Up Chile keinen Profit durch die schnelle Inkubation und den Verkauf von Unternehmen machen. Ziel ist es, internationales Wissen ins Land zu holen und an die chilenische Gesellschaft weiterzugeben. In einem Land, das noch vor wenigen Jahren von neoliberalen Gedanken der Chicagoer Schule dominiert wurde, ist das ein gewaltiger Schritt.

Start-Up Chile war das erste Programm seiner Art und wird mittlerweile in vielen Ländern kopiert. Vergleichbare Programme existieren mittlerweile in Kanada, Jamaika, Peru, Brasilien und Australien. Aber das Original ist immer noch etwas Besonderes. Luke Ball, Direktor für Acceleration & Experience bei Start-Up Chile, fasst es in einem Satz zusammen: "Weltweit gelingt es keinem anderen Land eine so große Menge an Gründern, in so kurzer Zeit und so erfolgreich durch ein Start-Up Programm zu schleusen. Alle vier Monate nehmen wir 100 neue Gründer auf".

In den letzten fünf Jahren förderte Chile mehr als 1.000 Gründer aus 75 Ländern. Es wird also Zeit nachzuschauen, ob das Programm wirklich die erwarteten Resultate erbringt oder nur eine gut vermarktete Geschichte über den Aufbau der digitalen Industrie in einem Schwellenland ist. Dazu haben wir mit Gründern und den Verantwortlichen gesprochen, kritische Fragen gestellt und Einblicke in Startups am anderen Ende der Welt erhalten.