Mehr als zwei Standorte in einer Konferenz

Ein Videokonferenzsystem arbeitet generell nur mit einer einzigen Gegenstelle. Man spricht von einer Punkt-zu-Punkt-Verbindung. Dies ist technisch bedingt nicht zu umgehen. Auf jeden Fall können nicht drei oder mehr Standorte ohne eine technische Instanz in einer Konferenz zusammengeschaltet werden, die für jeden einzelnen Standort einen individuellen Kommunikationspartner simuliert.

Von: Robert Schoblick

Ob eine eigene MCU betrieben oder die Kapazitäten je nach Bedarf bei einem Dienstleister angemietet werden, hängt von den individuellen Anforderungen ab. Hier entscheiden letztlich die benötigten Bandbreiten, die Anzahl der zusammen zu schaltenden Standorte und auch die Frage nach dem Management der Konferenz.

Für die Auslagerung der MCU auf einen Dienstleister spricht klar ein hoher Bedarf an Bandbreite und eine große Anzahl von Standorten. Der Hintergrund liegt in der Menge der zur Verfügung zu stellenden Basiskanäle für die Konferenz. Der Betreiber der MCU ? egal, ob es sich um einen Dienstleister oder um eine private MCU handelt ? muss eine ausreichende Anzahl von Basiskanälen für jedes Ziel bereitstellen.

Sollen beispielsweise nur vier Standorte mit jeweils 384 kBit/s miteinander in eine Konferenz geschaltet werden, dann müssen an der MCU 24 Basiskanäle verfügbar sein. Dies entspricht zwölf ISDN-Basisanschlüssen oder einem großen Teil der Kapazitäten eines Primärmultiplexanschlusses. Abgesehen davon, dass jeder zusätzliche Standort den Bedarf an MCU-Bandbreite deutlich erhöht, sind geeignete MCU-Systeme in dieser Größenordnung sehr teuer. Hier lohnt es sich bei einer nicht zu erwartenden Vollauslastung der Brücke, meist auf einen Dienstleister zuzugreifen.

Etwas anders sieht es dagegen aus, wenn lediglich bis zu vier Standorte mit einer recht bescheidenen Bandbreite von jeweils ca. 128 kBit/s bis maximal 256 kBit/s oder ausschließlich interne Gegenstellen im Haus in die Konferenz integriert werden sollen. Hier kann es sich beispielsweise um Desktop-Bildtelefone handeln, die direkt an den Arbeitsplätzen der Mitarbeiter aufgestellt sind. MCU-Lösungen für diesen relativ bescheidenen, aber durchaus sehr häufigen Bedarf können sogar in Kompakt-Videokonferenzlösungen integriert werden.

Beispiele sind die Lösungen von Polyspan, Tandberg und Sony (hier: optional). So bietet die "View Station 512 MP" von Polyspan Anschlusskapazitäten für bis zu vier ISDN-S0-Leitungen (entspricht acht Kanälen zu jeweils 64 kBit/s). Damit kann die in diesem System integrierte MCU zeitgleich Verbindungen mit zwei Standorten bei jeweils 256 kBit/s oder mit bis zu drei Standorten aufnehmen, wobei jeder Standort mit 128 kBit/s angebunden wird.

Beim Einsatz einer MCU stellt sich auch die Frage nach der Planung einer Konferenz. So kann vereinbart werden, dass die MCU automatisch zu einem exakt festgelegten Termin die einzelnen Standorte anruft und mit den zuvor festgelegten Bandbreiten in die Konferenz integriert (Dial-Out). Alternativ dazu sieht das Dial-In-Verfahren die Reservierung von MCU-Kapazitäten für einen vereinbarten Zeitraum vor. Die einzelnen Teilnehmer wählen sich selbständig in die MCU ein und legitimieren sich mit einem Kennwort. Die MCU schaltet intern die eigentliche Konferenz zusammen.

Bei einer solchen Mehrpunktkonferenz gibt es mehrere Möglichkeiten, die verschiedenen Standorte auf den Monitor zu bringen. Auf der einen Seite werden beim "Continuous Presense"-Modus bis zu vier Videobilder auf einem Screen geschaltet. Wegen der Vierteilung des Bildschirmes spricht man auch von der "Quarter Splitted"-Darstellung. Wird dagegen ein großes Videobild gefordert, so kann dies entweder automatisch denjenigen einblenden, der gerade das Wort führt ("Voice activated") oder die Einblendung kann von einem Moderator (Chairman-Mode) koordiniert werden. (kpl)