Management von Code bis Content

Content-Management-Systeme müssen heute höheren Anforderungen als nur denen der Erstellung und Pflege von Webinhalten gerecht werden. Sie entwickeln sich zu übergreifenden Integrationsplattformen, die alle Aspekte des E-Business zusammenführen.

Von: Hubert Zenner

Für fünf Dollar mit dem Flugzeug von Chicago nach Denver und zurück - ein Fehler im Ticketshop von United Airlines blieb 50 Minuten lang unbemerkt, sodass etwa 1000 Flugreisende von dieser besonderen "Offerte" Gebrauch machen konnten. Die Panne offenbart, dass die Fluggesellschaft die Inhalte ihrer Websites nicht im Griff hat.

Um Fehler solcher Tragweite zu vermeiden, sind professionelle Content-Management-Systeme (CSM) gefragt: Sie verfügen über entsprechende Freigaberoutinen, die für die automatische Kontrolle von Inhalten wie Texten und Bildern sorgen. Eine Enterprise-Content-Management-Lösung steuert den ge-samten Lebenszyklus eines Web-projekts: vom Design und der Programmierung bis zum operativen Betrieb.

Zu den wichtigen Funktionen professioneller Systeme gehört das Task-Management und die Workflow-Steuerung. Eine Änderung auf einer Website wird von jemandem veranlasst und meist von einem anderen Mitarbeiter ausgeführt, wobei ein Dritter die Änderungen genehmigt. Dieser Workflow sollte durch das CMS unterstützt werden, um Fehler zu vermeiden. Falls trotz der entsprechenden Regeln Fehler auftreten, muss die Möglichkeit des Auditings und Reportings gegeben sein, um die Quelle zu finden und zu beheben. Diese Instrumentarien lassen sich auch dazu nutzen, um die Bearbeitung effizienter zu gestalten und Optimierungspotenziale aufzufinden.

Das Erzeugen und Verändern des Inhaltes steuern die entsprechenden Fachbereiche bei. Dort sind meist schon Werkzeuge wie MS Office, Frontpage oder Macromedia Dreamweaver im Einsatz, und eine Einbindung derselben verringert den Einarbeitungsaufwand. Optional kann ein guter Content Contribution Editor die Handhabung vereinfachen.

Sämtliche Beiträge für die Webseiten eines Unternehmens sollten sich außerdem zusammenführen und mit Applikationen und Services verbinden lassen. Damit wird eine durchgängige und einheitliche Sicht auf den gesamten Produktions- und Lebenszyklus von Webdokumenten, ganz gleich welcher Herkunft, ermöglicht. Eine detaillierte Rechteverwaltung mit entsprechenden Sicherheitsmechanismen, die Kontrolle von Workflows über den gesamten Lebenszyklus von Web-seiten und die Versionsverwaltung sind ebenfalls ein Muss.

Eine Lösung für die Organisation von Websites sollte Unternehmen idealerweise auch dabei unterstützen, den Source Code mit anderen digitalen Informationen besser aufeinander abzustimmen. Anwender sollen Code versionieren und wieder verwenden können. Das Ergebnis ist auch die verbesserte Teamarbeit zwischen Entwicklern und Webdesignern. Ein effizientes Content-Management-System sollte auf Standardarchitekturen aufbauen und Schnittstellen zu gängigen Designtools bieten, ebenso wie leistungsfähige Verbindungen zu den Back-office-Systemen. Auf diesem Weg werden auch die für personalisierte E-Commerce-Lösungen notwendigen Daten im Content-Management verarbeitet.

Infolge der besseren Integration von Content-Management in die Unternehmens-IT gewinnt auch der übergreifende Ansatz eines Change-Managements an Bedeutung. Es geht um eine Vorgehensweise, die sich auf sämtliche Abläufe im Unternehmen bezieht, sowohl auf die Änderungen im Web-Content als auch auf die Geschäftsprozesse, die von den Unternehmensanwendungen abgebildet werden. Bislang getrennte Bereiche sind nun speziell bei interaktiven Zugriffsmöglichkeiten auf Daten und auf Geschäftslogik miteinander verknüpft. Gerade im E-Business erhalten immer mehr Webseiten eine direkte Verbindung zu den Datenbanken, aber auch zu den Applikationen im Unternehmen. Beispielsweise bieten Versicherungen innerhalb ihrer Website Tarifrechner an, oder Versorger ermöglichen Kunden via Internet einen Einblick in ihre Abrechnungen. Änderungen in bestimmten Bereichen haben dann automatisch auch Auswirkungen auf andere.

Da die Komponenten der Applikationen untereinander verbunden sind und es Links zu Kundendaten, Dokumentationen und Grafiken gibt, muss das Content-Management in letzter Konsequenz auch Source-Code umfassen. Jede Änderung an den Unternehmensanwendungen, an Daten und vor allem an Metadaten kann ungeahnte Auswirkungen haben.

In der Folge verschwindet dadurch auch die strenge Unterscheidung zwischen Applikationen - dafür ist die IT-Abteilung zuständig - und dem, was bislang als Content im Verantwortungsbereich des Web-Masters lag. Aus diesem Grund muss das Web-Content-Management mit dem Change-Management der klassischen IT-Welt verbunden werden, sodass sich Applikationen und Content aus demselben Blickwinkel betrachten lassen.

Ein zentraler Bestandteil der zukünftigen Ausrichtung von Content-Management-Systemen wird deshalb die Einbindung in IT-Infrastrukturen sein. Sie werden idealerweise zu übergreifenden Integrationsplattformen, die alle Aspekte des E-Business zusammenführen und insbesondere Customer Relation-ship Management (CRM) sowie Enterprise Resource Planning (ERP) als integralen Bestandteil haben. Eine Fraunhofer-Studie spricht in diesem Zusammenhang sogar davon, dass moderne Content-Management-Lösungen einen ERP-Systemen vergleichbaren strategischen Stellenwert erlangen werden. (sf)

Zur Person

Hubert Zenner

ist Manager Product and Business Development bei der Merant GmbH.