Leichter gemeinsam arbeiten

Boom für LAN-Videokonferenzen?

Beschränkten sich Videokonferenzsysteme in der Vergangenheit - bis auf wenige Ausnahmen - auf den Bereich der WAN-Kommunikation, so fordern gerade Unternehmen eine kombinierte Lösung. Damit kann der Mitarbeiter sowohl den Kollegen im Nachbarbüro kontaktieren als auch in der Niederlassung in USA. Hierfür hat sich der H.323-Standard als tragfähige Plattform herauskristallisiert, bietet er doch das Gateway für die Echtzeitkommunikation mit dem LAN und WAN. WAN-seitig steht übrigens dem Transportmedium ISDN keine Ablösung bevor. Hier steht die Industrie allerdings erst am Anfang und stellt erste Produkte vor (siehe auch Textkasten "Madge setzt auf LAN/WAN-Videokommunikation"). Daß Netscape in seinem "Navigator" und Microsoft in "Netmeeting" diesen Standard berücksichtigen, zeigt die Absichten der beiden Softwarehersteller. Ein weiterer Aspekt, der entsprechende Kosten verursacht, ist der Anschluß an das WAN. Bisher nutzen Videokonferenzsysteme einen eigenen ISDN-Nebenstellenanschluß. Bei einer unternehmensweiten Installation summieren sich hier Kosten für die Bereitstellung des Anschlusses. Abhilfe schaffen Video-Gateways, die zentral den Verkehr vom LAN ins WAN leiten.

Ein weiterer Trend geht von Intel aus. Der Chiphersteller versucht, Videokonferenzen über seine Prozessoren abzudecken und vermarktet diese Strategie unter dem Schlagwort "MMX". Der Vorteil einer solchen Lösung liegt auf der Hand: Müssen bisher alle PCs aufgeschraubt und mit zusätzlicher Hardware versorgt werden, so ließe sich dies über die Realisierung im Prozessor einsparen. Zusätzliche Geräte könnten über externe Schnittstellen angeschlossen werden. Gerade hinsichtlich des netzwerkweiten Einsatzes ist dieser Weg sehr attraktiv. Derzeit gibt es jedoch noch kein Produkt, das diese Prozessorfunktion unterstützt.

Deshalb haben wir uns nach Produkten umgesehen, die einfach zu installieren sind und doch einen akzeptablen Funktionsumfang bieten. Hier haben sich zum Beispiel Lösungen durchgesetzt, die Audio, Video und ISDN auf einer Karte umsetzen. Früher mußten die Nutzer oft bis zu drei Karten installieren. Als Bus hat sich PCI (Peripheral Component Interconnect) durchgesetzt. Bei den Betriebssystemen bieten die Hersteller bis jetzt nur eine Variante an: Windows 95. Alle arbeiten jedoch fieberhaft an NT-Versionen. Hier zeigte zum Beispiel Elsa mit "Elsavision" bereits auf der diesjährigen CeBIT Flagge.

In einem ersten Durchgang vergleichen wir "Live 200" von Picturetel und "Smartvision 128" von Vtel. In den folgenden Ausgaben der Gateway folgen dann die Systeme von Elsa, Intel und Siemens. Eine weitere Voraussetzung für den Test war die Unterstützung des H.320-Standards, der den Verbindungsauf- und -abbau von Videokonferenzen im ISDN regelt. Darüber hinaus sollten die Systeme als Komplettsysteme vermarktet werden. Schließlich arbeiten alle genannten Systeme mit zwei B-Kanälen.

Das Zusammenstöpseln der Hardwarekomponenten läßt sich schnell vornehmen. Allerdings fehlen auf der Picturetel-Karte die Bezeichnungen für die Audio-Ein- und -Ausgänge, so daß ein eventuell fehlender Ton erst nach dem Umstecken erklingt. Insgesamt dauert die gesamte Hardwareeinrichtung knapp 15 Minuten.

Die weitere Installation beider Produkte gestaltet sich einfach. Die einzige Hürde ist, daß die Grafikkarte mindestens 600 x 800 Punkte bei 16 Bit Farbtiefe darstellen muß. Während Smartstation auf diesen Fehler aufmerksam macht und die Installation abbricht, läßt sich Live 200 komplett einrichten, zeigt aber später nur ein schwarzweißes Programmfenster. Wer das Handbuch liest, wird auf diese Einstellung aufmerksam gemacht. Nachdem die richtigen Grafikeinstellungen geladen sind, zeigt Live 200 das richtige Bild.

Der Programmaufruf von Smartstation zieht auch gleichzeitig den Start der Microsoft-Entwicklung "Netmeeting" nach sich. Netmeeting verfügt über eine Funktion, die H.320-ISDN-Verbindungen direkt aus dem Programm heraus erlaubt. Im Test mit mehreren Gegenstellen funktionierte diese Variante jedoch nicht. Überhaupt ist der Nutzen einer Integration von Netmeeting für professionelle Nutzer mit Fragezeichen behaftet. Die Software benutzt einen Kommunikationsserver, der verschiedene Adreßverzeichnisse anbietet. Dort lassen sich Teilnehmer nach verschiedenen Kriterien auflisten: "Nur für Erwachsene", "aus dem eigenen Land", "geschäftliche Nutzer" lauten zum Beispiel die Kriterien.