Kirch: Eigenverwaltung, Verwirrung um PayTV

Die zahlungsunfähige KirchMedia wird in Zusammenarbeit mit den Banken ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung durchlaufen. Dies teilten die beteiligten Unternehmen in München mit. Während der Pressekonferenz gab es zudem Verwirrung um den erwarteten Insolvenzantrag der Firma KirchPayTV.

Die Insolvenz in Eigenverwaltung stellt einen Sonderfall des deutschen Insolvenzrechts dar. Dabei wird beim zahlungsunfähigen Unternehmen ein neues Management eingesetzt, das von einem vorläufigen Insolvenzverwalter überwacht wird. Das Amtsgericht München stimmte am Montag einem entsprechenden Antrag von KirchMedia zu und bestellte den Anwalt Dr. Michael Jaffé als vorläufigen Insolvenzverwalter.

Jaffé trägt anders als beim regulären Insolvenzverfahren nicht die operative Verantwortung für den Geschäftsbetrieb. Nach der vollzogenen Eröffnung des Verfahrens wird er zum "Sachwalter" und kontrolliert die neue Geschäftsführung.

Dafür hat sich KirchMedia bereits am 22. Februar ein Team aus den erfahrenen Unternehmensberatern Wolfgang van Betteray und Hans-Joachim Ziems in die Firma geholt. Van Betteray war unter anderem an der ersten Rettung der Bremer Vulkan-Werften als Konkursverwalter beteiligt. Zusammen mit Ziems stellt er die neue Geschäftsführung der KirchMedia.

In München teilten die wesentlichen Gläubigerbanken (Bayerische LB, Commerzbank, DZ-Bank und HypoVereinsbank) ihre ausdrückliche Zustimmung zum gewählten Verfahren mit. Ziel sei es, "(...) dass das Unternehmen KirchMedia als Ganzes erhalten bleibt" sagte Wolfgang Hartmann, Mitglied des Vorstands der Commerzbank. Dazu seien auch kurzfristige Kredite geplant, gaben die Bankvertreter übereinstimmend an.

Den Banken schuldet KirchMedia insgesamt 1,4 Milliarden Euro, sagte van Betteray. Neben 500 Millionen Euro Verbindlichkeiten bei Hollywood-Studios seien das die wesentlichen Außenstände des Unternehmens. Die bisher vielfach berichteten 6,5 Milliarden Euro bezögen sich auf den gesamten Kirch-Konzern. Die profitabel arbeitende ProSiebenSat.1 Media AG wollen Banken wie neues Management unangetastet lassen.

Zu Beginn der Pressekonferenz ging van Betteray auch noch davon aus, dass die KirchPayTV ebenfalls am Montag Insolvenz beantragen würde. Dieser Antrag ging jedoch bis Geschäftsschluss am Montag nicht beim Münchner Amtsgericht ein. "Mein Kenntnisstand bezieht sich auf 14:52 Uhr, Montag, den 8. April 2002, als ich aus Ismaning losgefahren bin" entschuldigte sich der neue Geschäftsführer der KirchMedia. Kurz nach der Veranstaltung machten unter Konferenzteilnehmern Gerüchte über einen neuen Investor die Runde, mit dem KirchPayTV noch verhandeln soll. Wolfang Hartmann sagte am Abend im ARD-Magazin "Report", er habe den Insolvenzantrag der KirchPayTV am Montag noch selbst gesehen.

Wie beim Kirch-Konzern üblich, ist auch die KirchPayTV über zahlreiche Unter-Firmen komplex mit anderen Kirch-Unternehmen verstrickt. Selbst wenn sie insolvent werden sollte, werde Premiere World nicht den Sendebetrieb einstellen müssen, betonte Commerzbank-Sprecher Wolfgang Hartmann.

Van Betteray legte zudem erstmals die Gründe für die Zahlungsunfähigkeit von KirchMedia auf den Tisch. Ziel sei Anfang 2002 noch eine Kapitalerhöhung der Gesellschaft gewesen, die als "GmbH & Co. KG auf Aktien" arbeitet. Dazu sei aber ein Überbrückungskredit von 200 Millionen Euro nötig gewesen, dem die Banken nicht mehr zustimmen wollten.

Die vom "Spiegel" berichtete Verschiebung der Übertragungsrechte für die nächsten beiden Fußballweltmeisterschaften zu einer Schweizer Kirch-Firma hält van Betteray für richtig. Der Vertrag mit der FIFA enthalte eine Klausel, nach der bei Insolvenz der KirchMedia die Rechte an die FIFA zurückgefallen wären, gab er an. Van Betteray bestätigte, dass die WM-Rechte nun nicht zur Insolvenzmasse gehören.

Sanieren will van Betteray die KirchMedia vor allem über Einsparungen "in dreistelliger Millionenhöhe." Lizenzverträge sollen nachverhandelt werden, denn: "die KirchMedia hat sich bei den großen amerikanischen Filmstudios auf überteuerte Einkaufsverträge eingelassen." Zudem soll der Programmeinkauf von KirchPayTV von der KirchMedia abgekoppelt werden - ein erster Schritt zur Entflechtung der rund 65 Kirch-Unternehmen. Wolfgang Hartmann brachte das Problem auf den Punkt: "Wenn man im Umsatz so kräftig gewachsen wäre wie in der Zahl der Gesellschaften, wäre man mit Sicherheit hochprofitabel." (nie)