Jabber im Kampf der Messenger

Anachronismus total

Um die Situation zu verstehen, stellen Sie sich einfach vor, ein kommerzielles Unternehmen hätte E-Mail erfunden und damit diese Kommunikationsform in der Hand. Wir müssten uns dann alle beispielsweise in Hotmail-Webserver einloggen, um von dort E-Mails versenden und erhalten zu können. In einem solchen anachronistischen Zustand befinden sich momentan die Pager-Systeme.

Microsoft, Yahoo, Excite und alle anderen wollen natürlich auch etwas von dem großen AOL-Kuchen und geben sich daher gesprächsbereit. Schließlich würde eine Öffnung der AOL-Pager-Schleusen etwa 45 Millionen AOL/AIM-Benutzer freispülen - das bedeutet mehr Benutzer und Klicks und somit höhere Einnahmen.

In einem PR-Feldzug mit dem Namen IMUnified propagieren Microsoft und Co. einen allgemeinen Pager-Standard, damit alle miteinander chatten können - unabhängig von der Softwarelösung. Außer viel heißer Luft haben die Unternehmen jedoch noch nichts zu bieten. Ende des Jahres soll es Vorschläge geben. Doch so lange brauchen die Benutzer nicht zu warten.

Schon jetzt gibt es verschiedene Alternativen, um mehrere Pager-Systeme in einem Universalsystem zu vereinen. Odigo ist schon seit Jahren online, dazu haben sich Trillian und Imici gesellt.

Odigo ist ein typisches Beispiel dafür, dass eine gute Idee jedoch auch vernünftig umgesetzt werden muss. Die komplizierte Benutzeroberfläche von Odigo eignet sich eher für angehende Astronauten als für Normalanwender. Selbst eingefleischte ICQ-Benutzer, die ebenfalls mit einem Raketencockpit zu kämpfen haben, konnten sich bislang kaum für Odigo erwärmen.

Der wahre aufstrebende Star heißt Jabber. Im Vergleich zu allen anderen Systemen ist der Quellcode öffentlich nachvollziehbar, das System wurde als offener Standard konzipiert. Übersetzt ist Jabber ein weiterer Jargon für "Quatschen". Das mehr oder weniger gewollte Wortspiel liegt aber auf "to jab", ein überraschend kurzer, ansatzloser Schlag, meistens direkt in die Niere und fast immer ein sicherer KO. Ob Jabber so die übermächtigen Konkurrenten umlegen will?