Zeitdruck, Überstunden, Burnout

IT-Projekte machen krank

Immer mehr IT-Projekte laufen aus dem Ruder. Für Projektleiter und Projektarbeiter bedeutet das Stress. Zwischen 20 und 40 Prozent der IT-Spezialisten weisen Anzeichen von psychischer Erschöpfung auf, fand Psychologin Anja Gerlmaier in einer Studie heraus.

Unklare Anforderungen an die Anwendung, Zeit- und Kostendruck, Zusammenarbeit mit Freiberuflern, Herstellern und IT-Dienstleistern, die Auslagerung der Entwicklertätigkeiten nach Russland oder China, Probleme mit Hard- oder Software, sich ändernde Kundenwünsche - die Liste der Unwägbarkeiten, die heute ein IT-Projekt mit sich bringt, ist lang.

Die Folge: Es sammlen sich zahllose Überstunden an, die Stressbelastung aller Teammitglieder und insbesondere der Teamleiter steigt. Anja Gerlmaier vom Institut Arbeit und Qualifikation (IAQ) der Universität Duisburg-Essen untersucht seit Jahren die Projektarbeit in der IT-Branche und spricht von "Katastrophenprojekten". Vor 20 Jahren noch die Ausnahme, gehören sie heute zum Alltag. Früher folgten solch schwierigen Projekten "stabile Kunden oder ein gutes Budget, so dass gute Planung möglich war. Doch solche Vorhaben werden immer seltener", beobachtet die Psychologin. Projektarbeiter können sich von einem furchtbaren Projekt kaum noch erholen, denn das nächste steht schon vor der Tür.

Anja Gerlmaier vom Institut Arbeit und Qualifikation (IAQ).
Anja Gerlmaier vom Institut Arbeit und Qualifikation (IAQ).
Foto: Privat

Da immer mehr Projekte unverhersehbarer werden, steigt der Stress für die Beteiligten. "Aufgrund der langen Arbeitszeiten haben die Leute einen erhöhten Energieaufwand, können aber gleichzeitig ihre Ressourcen nicht wieder aufbauen. Die Projektmitarbeiter entleeren sich bis zur psychischen Erschöpfung", erklärt Gerlmaier. Das Ergebnis: "Jeder dritte Mitarbeiter in Projekten ist Burnout-gefährdet."

Noch stärker leiden die Teamleiter in der Sandwich-Position darunter. "Mir erzählen Teamleiter oft, dass 80 Prozent ihrer Zeit in Koordinationsaufgaben besteht." Ist Not am Mann, übernehmen sie zusätzliche Aufgaben, um ihre Teammitglieder zu entlasten. Daher wiesen zwischen 60 und 80 Prozent der Teamleiter überdurchschnittliche Burnout- und Stresswerte auf.

Drei Stunden ohne Telefon oder Meeting

Doch es gibt viele Möglichkeiten, gegen die Überlastung vorzugehen. Zum einen gilt es, die Ressourcen der eigenen Mitarbeiter besser zu nutzen. Um Arbeitsunterbrechungen zu verhindern, rät Gerlmaier zu Blockzeiten: "In diesen kann jeder im Team drei bis vier Stunden in Ruhe arbeiten, ohne ans Telefon oder in Meetings gehen zu müssen. Ein Team kann vereinbaren, Meetings nur nach dem Essen abzuhalten." Oder zwei Kollegen stellen wechselseitig das Telefon aufeinander um, damit jeder mal ruhig und konzentriert arbeiten kann.

Über die Arbeitsbelastung im Team sollte regelmäßig gesprochen werden, so der Rat der Psychologin: " Einmal in der Woche sollte jeder Mitarbeiter ein Update geben, wie hoch die jeweilige Arbeitsbelastung ist und ob er Hilfe braucht. Das erfordert Vertrauen zwischen Teamleiter und Kollegen. Es gibt auch Teams, in denen diese Kommunikation nicht klappt."