Gesuchte Mitarbeiter

IT-Arbeitsmarkt: Junginformatiker sind begehrt

Bewerber mit einem Studienabschluss in Informatik sind derzeit offenbar in einer komfortablen Lage. Sie haben freie Wahl - und die Arbeitgeber, ob Mittelstand oder Konzern, müssen wieder einiges bieten, um die Umworbenen für sich zu gewinnen. Flexible Arbeitszeiten und Freiheiten sind da gefragte Faktoren.

Von einer Krise am IT-Arbeitsmarkt ist nichts zu spüren. Mit jedem Jahr verschärft sich der "War for Talents" weiter", sagt Matthias Busold, Bereichsleiter bei der Personalberatung Kienbaum in Hamburg. Längst nutzen auch kleinere Firmen den Service von Personalberatungen, mitunter versuchen Unternehmen sogar auf diesem Weg, offene Positionen für Hochschulabsolventen zu besetzen. "Viele Bewerber suchen nach dem Studium eine Herausforderung und entscheiden sich aufgrund der Inhalte für ein Angebot. Der Ort oder das coole Büro spielen eine untergeordnete Rolle", beobachtet Busold.

Host Europe will neue Mitarbeiter mit verantwortungsvollen Aufgaben locken, wirbt Geschäftsführer Patrick Pulvermüller. In einer sechswöchigen Einarbeitungsphase lernt jeder neue Kollege Unternehmen, Strukturen und Arbeitsweise kennen. Während der Probezeit bietet Host Europe drei Orientierungsgespräche an, um den neuen Mitarbeitern Feedback oder Unterstützung zu geben sowie über Perspektiven zu sprechen.

Doch Pulvermüller weiß, dass das nicht ausreicht. Schließlich buhlen in der Region viele Unternehmen um gute Mitarbeiter. Deshalb bietet Host Europe ein firmeneigenes Fitness-Programm, kostenloses Obst, bezuschusste Kindergartenplätze oder auch bezahlte Überstunden an. "Unsere Mitarbeiter sind sehr zufrieden, sie sind selten krank und arbeiten gerne für uns", bilanziert der Geschäftsführer. Was nach einem Wunschkonzert klingt, sei an sich nicht so teuer. Lediglich um die Koordination aller Angebote für die rund 250 Mitarbeiter kümmert sich eine Kollegin mit Vollzeitjob.

Rund 60 Neueinstellungen in Köln und an weiteren Standorten in England und Rumänien plant Pulvermüller pro Jahr. "Wir suchen über drei Kanäle. Mit Anzeigen in Online-Jobportalen haben wir gute Erfahrungen gemacht. In den sozialen Netzwerken sind wir vertreten, gehen dort aber nicht direkt auf Bewerber zu, weil uns das zu aufdringlich ist. Empfehlungen und Mundpropaganda sind die dritte, ebenfalls erfolgreiche Schiene des Recruitings." Außerdem bietet Host Europe regelmäßig Ausbildungsplätze an.

Mit einem Durchschnittsalter von rund 29 Jahren ist das Team des 1997 gegründeten Unternehmens noch ziemlich jung. Pulvermüller erzählt, schon so manches Paar habe sich im Kollegenkreis gefunden. "Viele wollen Familie und Karriere verbinden. Deshalb haben wir ein festes Angebot von zehn Kindergartenplätzen, die wir mit rund 70.000 Euro pro Jahr sponsern." Die Plätze werden nach den eingehenden Bewerbungen vergeben, die Eltern zahlen nur den ortsüblichen Beitrag. "Das Geld ist gut angelegt, denn die Eltern können auf diese Weise Arbeit und Familie verknüpfen."

Pluspunkt flexible Arbeitzeit

Als Work-Life-Balance hierzulande noch ein Fremdwort war, bot Sissi Closs in ihrem Unternehmen Comet Computer bereits flexible Arbeitszeiten an. "Wir haben von Anfang an darauf gesetzt, als wir mit zwei Mitarbeitern begannen. Für uns ist das eine Selbstverständlichkeit", sagt Closs, deren Firma sich auf technische Dokumentation spezialisiert hat und die mittlerweile 65 Mitarbeiter in München, Berlin und Karlsruhe beschäftigt. Die Spanne der Arbeitszeitmodelle reicht von wenigen Stunden in der Woche bis hin zu einem ganz normalen Vollzeitjob. Organisierte die Firma anfangs ihre Zeiterfassung noch über Excel-Tabellen, hilft heute eine eigens entwickelte Software, die geleisteten Stunden zu erfassen.

"Flexible Arbeitszeiten bedeuten allerdings auch für die Mitarbeiter, dass sie selbst Verantwortung übernehmen für ihre Aufgaben und eine Vertretung mit organisieren, wenn sie nicht erreichbar sind", sagt Closs. Das flexible Konzept von Comet Computer hat sich herumgesprochen. Viele Initiativbewerbungen trudeln ein, gerade auch von Eltern mit Kindern, wie die Unternehmenschefin erzählt.