Umgang mit selbstbewussten Mitarbeitern

Individualisten führen

Mitarbeiter ticken unterschiedlich

Im Tagesgeschäft registriert man zudem immer wieder in Teams, die aus vielen selbstbewussten Mitarbeitern bestehen, Folgendes: Mit einigen Kollegen haben die Führungskräfte nie Probleme; in der Beziehung zu anderen tauchen hingegen Irritationen oder gar Konflikte auf, weshalb die Betroffenen von ihren Führungskräften mit dem Etikett "schwierig" oder gar "Nörgler" oder "Querulant" versehen werden.

Analysiert man die Ursachen, stellt man fest: Stimmt die Beziehung zwischen Führungskraft und Mitarbeiter, dann gibt es eine hohe Übereinstimmung in den Wertesystemen beider Seiten. Anders sieht es bei den "schwierigen Mitarbeitern" aus. Sie haben entweder ein anderes Wertesystem als ihre Führungskraft, weshalb ihnen bei der Arbeit (und in ihrem Leben) auch andere Dinge wichtig sind. Oder sie haben aufgrund ihres Wertesystems Erwartungen an ihre Führungskraft, die diese nicht erfüllen kann.

Die divergierenden Wertesysteme und Erwartungen wären im Betriebs- und Führungsalltag kein Problem, wenn sie den Führungskräften bewusst wären. Dann könnten sich die Vorgesetzten darauf einstellen. Viele Chefs kennen aber ihr eigenes Wertesystem und ihre eigenen Verhaltenspräferenzen gar nicht - zum Beispiel, weil sie diese nie reflektiert haben. Und noch weniger kennen sie die Wertesysteme und die hieraus resultierenden Verhaltensmuster und Erwartungen ihrer Mitarbeiter. Dabei wird dies für das Führen von Mitarbeitern immer wichtiger - nicht nur aufgrund der veränderten Arbeitsstrukturen und -beziehungen in den Unternehmen.

Darüber, ob die Menschen in den westlichen Industriestaaten heute individualistischer sind als vor 30 oder 40 Jahren, kann man streiten. Auf alle Fälle haben sich jedoch die Lebensstile in unserer Gesellschaft stark ausdifferenziert. Außerdem sind heute weniger Menschen bereit, unkritisch Autoritäten zu akzeptieren, für die sie sich nicht entschieden haben. Zudem hat sich das Verhältnis der meisten Berufstätigen zur Erwerbsarbeit grundsätzlich verändert. Früher sahen die meisten Menschen darin ein notwendiges Übel, um den Lebensunterhalt zu sichern. Die viel beschworene 'Selbstverwirklichung' erfolgte primär im privaten Bereich beziehungsweise in der Freizeit.

Richtiger Umgang mit Wertesystemen

Das ist heute anders - zumindest bei vielen hochqualifizierten Mitarbeitern. Für sie hat die Arbeit eine identitätsstiftende Funktion. Das heißt, sie wollen sich in ihrer Arbeit verwirklichen und diese als sinnvoll erfahren können. Die Mitarbeiter stellen also höhere Anforderungen an ihre Arbeit und somit auch an ihre Führungskräfte. Diese Anforderungen müssen Führungskräfte heute erfüllen, damit sich die Mitarbeiter mit ihrer Arbeit identifizieren können und die gewünschte Leistung bringen.

Es ist also sehr wichtig, dass Führungskräfte nicht nur die Wertesysteme und Bedürfnisse ihrer Mitarbeiter, sondern auch ihr eigenes Wertesystem kennen. Sonst laufen sie Gefahr, ihren eigenen Wertemaßstab auf andere Menschen zu projizieren. Außerdem können sie nur dann ermitteln, wo ihre eigenen blinden Flecken sind, weshalb sie entweder bestimmte Aspekte nicht wahrnehmen oder auf gewisse Verhaltensmuster oder Vorgehensweisen ihrer Mitarbeiter allergisch reagieren.

Fragen für Führungskräfte

Führungskräfte sollten, wenn sie die Mitarbeiter ihren Bedürfnissen entsprechend führen wollen, Antworten auf folgende Fragen haben:

Wie "tickt" mein Mitarbeiter?

Wie unterscheidet sich sein Wertesystem von meinem?

Was treibt den Mitarbeiter an, und was braucht er, um seine Leistungsfähigkeit voll zu entfalten?