Agiles Führen

In agilen Projekten müssen Führungskräfte loslassen

Schutzschild gegenüber Management

Als Schutzschild sollte sich ein Scrum Master auch gegenüber dem Management verstehen. Zum agilen Selbstverständnis gehört es, dass die Teammitglieder während eines Sprints, der zwischen einer und vier Wochen dauern kann, von äußeren Einflüssen unbehelligt bleiben. Fordert der CEO einen Feature-Request ein, muss er sich bis zum nächsten Sprint gedulden. Im Alltag kann man solche politischen Interventionen nicht ganz abstellen, sondern nur einschränken, räumt Sturzenhecker ein: "Loslassen ist für Führungskräfte das Schwierigste, vor allem, wenn sie bisher eine Command- und Control-Struktur gewohnt sind. In einer agilen Organisation müssen sie nicht mehr jede Kleinigkeit selbst steuern. Stattdessen vertrauen sie dem Team, dass es die Aufgabe hinbekommt. Lässt sich eine Führungskraft darauf ein, bekommt sie mehr Spielraum für andere Führungsaufgaben, etwa Mitarbeiter weiterzuentwickeln oder sich mit strategischen Fragen auseinanderzusetzen."

Für Sturzenhecker ist klar, dass "jeder seinen eigenen agilen Weg finden muss, da jede Organisation und jedes Team anders sind. Es lohnt sich, mit einer bewährten Methode wie Scrum anzufangen, ständig dazuzulernen und zu erkennen, was man besser anders macht als im Lehrbuch. Agile Methoden haben durch die Feedback-Schleifen eine Autokorrektur eingebaut."

Fünf Leitsätze zum Führen agiler Teams

Volker Maiborn, Geschäftsführer der Münchner IT-Beratung MaibornWolff, hat die Erfahrung gemacht, dass die Transformation zum agilen Unternehmen eine Führungsaufgabe ist. Manager, die mit agilen Teams erfolgreich arbeiten wollen, sollten Folgendes berücksichtigen:

Volker Maiborn, Geschäftsführer MaibornWolff: "Der Scrum Master steuert Gespräche und Meetings durch Moderation statt durch Vorgaben."
Volker Maiborn, Geschäftsführer MaibornWolff: "Der Scrum Master steuert Gespräche und Meetings durch Moderation statt durch Vorgaben."
Foto: MaibornWolff GmbH
  • Konstruktive Feedback-Kultur etablieren: Der Scrum Master steuert Gespräche und Meetings durch Moderation statt durch Vorgaben. Er macht sich eine offene und sachorientierte Haltung zu eigen und nimmt jedes Feedback ernst. Konstruktive Rückmeldungen sind die Basis, um etwas Fehlendes oder Ausbaufähiges diskutieren zu können.

  • Das richtige Team bilden: Vielfalt ist im Scrum-Team ein Schlüssel zum Erfolg. Um die Projektanforderungen gemeinsam abzudecken und mit wenig Reibungsverlust zu arbeiten, sollten neben Entwicklern auch Architekten, Tester, Konzepter, Designer oder Redak­teure eingebunden werden.

  • Führung schafft Freiraum: Ein Team- oder Abteilungsleiter, der agile Methoden lebt, schafft Freiraum, in dem sich das Team eigenverantwortlich organisieren kann. Er motiviert ­jeden Einzelnen. Statt Leistung zu erzwingen und Schlechtleistung zu sanktionieren, beseitigt er Demotivatoren, ähnlich wie der Scrum Master.

  • Den Einzelnen fördern: Ein verantwortungsbewusster Vorgesetzter erkennt individuelle Leistungsgrenzen und fördert durch aufmerksames Coaching eine realistische Selbsteinschätzung. Eigenverantwortliches Arbeiten darf auch nicht zum Vehikel für eine Unter­nehmensagenda werden, etwa indem es als Mittel zur Produktivitätssteigerung und Kostenreduzierung umdefiniert wird.

  • Brückenkopf zum Management: Der Scrum Master stärkt dem Product Owner den Rücken, wenn dieser Entscheidungen von der Business-Seite oder Geschäftsführung für den nächsten Sprint verlangt. Er übernimmt zudem Controlling- und Reporting-Aufgaben, versteht sich als Brückenkopf für die Koordination mit anderen Abteilungen und Projekten und hilft, personelle Engpässe zu überbrücken. Im Unterschied zum klassischen Projektleiter nimmt der Manager im agilen Umfeld eine moderierende, unterstützende Rolle ein.