Glenn Greenwald - der Journalist an Edward Snowdens Seite

"Ich traue keiner der großen amerikanischen Tech-Companies"

Glenn Greenwald und Laura Poitras wurden vor ziemlich genau einem Jahr von Edward Snowden kontaktiert. Sie sollten dem Whistleblower helfen, das von Snowden sichergestellte brisante NSA-Material an verschiedene Zeitungen wie den britischen "Guardian" zu ventilieren.

Greenwald war vergangenen Freitag im Münchner Literaturhaus, das in Kooperation mit der ZEIT und dem Droemer Knaur Verlag eine Veranstaltung abhielt, um Greenwalds gerade erschienenes Buch "Die globale Überwachung" vorzustellen und Fragen zu beantworten. An dieser Stelle veröffentlichen wir einige Zitate von Greenwald.

Greenwald stellte am vergangenen Freitag im Münchner Literaturhaus sein gerade erschienenes Buch "Die globale Überwachung" vor.
Greenwald stellte am vergangenen Freitag im Münchner Literaturhaus sein gerade erschienenes Buch "Die globale Überwachung" vor.
Foto: Jan-Bernd Meyer

Glenn Greenwald auf die Frage, wie es sein kann, dass eine große Behörde wie die NSA mit zigtausenden Mitarbeitern glauben konnte, dass ihr Tun nicht entdeckt wird:

"Ich schätze einmal, dass die NSA das seit einem Jahr nicht mehr glaubt. Aber es ist schon interessant: Um ein System wie das der NSA zu unterhalten, braucht es Zehntausende von Menschen. Bei der NSA selbst sind 30.000 Menschen angestellt. Daneben arbeiten weitere 60.000 Menschen als Auftragsmitarbeiter wie eben Edward Snowden für diese Behörde. Mit anderen Worten: Fast 100.000 Menschen haben Zugang zu sehr sensiblen Daten. Insofern ist es nachgerade ironisch, wenn die NSA oder der britische GCHQ sagen, sie seien beunruhigt darüber, dass Journalisten all dieses sensitive Material besitzen und sich dann fragen, wie sie all das Material sicher verwahren können.

Dabei war es doch die NSA, die die Kontrolle über das Datenmaterial verloren hat. Der Grund, warum sie die Kontrolle über die Daten verloren haben, ist dabei ganz einfach: Sie haben die Daten in ein System eingespeist, das viel zu groß ist. Solch ein System lässt sich nicht mehr handhaben. Was ich damit meine ist Folgendes: Die NSA hat gesagt, dass wir uns keine Sorgen machen müssen, dass sie Milliarden von Mails durchforstet und speichert. Das System sei abgesichert und rigide kontrolliert. Tatsache ist aber, dass ein 29-Jähriger unter ihren Augen Zehntausende von Dokumenten über Monate heruntergeladen hat."

"Die NSA hat die Grundlage geschaffen für ihre eigene Zerstörung"

"Es gibt hierzu noch einen wichtigen Aspekt: Um dieses System zu verwalten, kann die NSA nicht einen bestimmten Typ von Angestellten anheuern, der aufgrund seiner lebenslangen Historie ein Gefühl von Loyalität für ein Unternehmen entwickelt hat: 50-, 60-, 70-Jährige. Sie müssen sich in der Community bedienen, um Fachkräfte anzuwerben, die solch ein System überhaupt verstehen. Das sind im Wesentlichen Hacker. Die verstehen wenigstens, wie so ein System funktioniert. Es gibt da ein geradezu komisches Foto von Keith Alexander. Alexander ist ein Vier-Sterne-General der US Army. Er war vom 1. August 2005 bis zum 28. März 2014 Direktor der NSA. Alexander ging zu einem Hacker-Konvent, um dort Leute zu überzeugen, doch für die NSA zu arbeiten.

Dazu zog er sich schwarze Jeans und ein schwarzes T-Shirt an, weil er glaubt, so mit diesen 25-Jährigen auf einer Ebene diskutieren zu können. Genau das ist das wesentliche Problem, das die NSA hat: Sie ist gezwungen, Mitarbeiter ausgerechnet aus dem Denkzirkel zu rekrutieren, der quasi von Natur aus antiautoritär ausgerichtet ist. Sie laden ausgerechnet diese Leute ein, Zugriff auf ihr System zu bekommen. Ich bin deshalb überzeugt davon, dass Edward Snowden nicht der Letzte ist, der mit Enthüllungen hervortreten wird. Er wird eine Vielzahl von Menschen inspirieren, es ihm nachzutun. Die NSA hat den Samen gesät für ihre eigene Zerstörung."