Flexibles Arbeiten

Horror Home Office?

Das Thema Telearbeit ist umstritten. Viele IT-Manager fürchten um die Produktivität ihrer Heimarbeiter. Welche Spielregeln müssen gelten, damit aus Homeworkern keine Faulpelze werden?

Der Albtraum vom Home Office hat viele Gesichter. Für den Münchner IT-Manager Markus Mayer ist es "die Gefahr, statt eines Teams lauter Einzelkämpfer zu führen". Der Sales Manager bei der IT-Beratung Cancom vergleicht seine 30-köpfige Mannschaft gern mit einem Sportteam. "Würde jeder nur für sich trainieren, könnte die Mannschaft einpacken." Andere befürchten mangelnde Selbstdisziplin, fehlende Konzentration, ständige Ablenkungen und keinen Zugriff auf die Heimarbeiter in Notsituationen. Kurzum: Verlotterung, Kreativitätsflauten und Produktivitätsverluste.

Die Skepsis ist nicht unberechtigt, wie eine Studie des Businesscenter-Anbieters Regus unter 24.000 Berufstätigen aus 90 Ländern belegt. 50 Prozent der Interviewten fällt es schwer, sich zu Hause dauerhaft zu konzentrieren. Jeder Vierte fühlt sich dort durch Lärm, schlechte Internetverbindungen oder fehlende Unterlagen abgelenkt. 59 Prozent sehen die Beeinträchtigung der Arbeit durch Kinder oder andere Familienangehörige als größte Herausforderung - in Deutschland fürchten dies sogar fast drei Viertel.

Auch 78 Prozent der Personaler sehen es als eine Herausforderung an, Mitarbeiter im Home Office zu führen, so eine Umfrage des Personaldienstleisters Robert Half unter 200 HR-Managern.

Home office ist ein Balanceakt für Chefs

Telearbeit ist vor allem für Chefs herausfordernd. Sie müssen den Interessenausgleich zwischen Betriebszielen und Mitarbeiterwünschen im Blick haben. "Gute Antennen in alle Richtungen sind hierfür wichtig", sagt Cancom-Manager Mayer. Eine offizielle Home-Office-Regelung gibt es bei ihm in der Firma nicht. Die Verantwortung, wer wann zu Hause arbeiten darf, liegt bei den Vorgesetzten. "Lässt es das Aufgabenprofil des Mitarbeiters zu, stärkt die Erlaubnis zu einem Home-Office-Tag die Firmenkultur", sagt Mayer. "Wenn nicht, würde sie ihr schaden."

Ein täglicher Balanceakt - auch innerhalb der Abteilung. "Nur einfach zu sagen: ,Geh nach Hause und arbeite' reicht nicht", sagt Stefan Rief, Leiter des Competence Centers Workspace Innovation am Fraunhofer-Institut Arbeitswirtschaft und Organisation IAO in Stuttgart. Damit kein Neid aufkommt, braucht es transparente und nachvollziehbare Regeln. "Telearbeiter sollten nicht als Exoten gelten, die vom Chef eine Extrawurst bekommen", so Rief. Also: Nicht nur ein paar Vorzeige-Eltern ihre Home-Office-Tage genehmigen, sondern auch anderen Mitarbeitern - "gern auch Singles, die sich durch Telearbeit das Pendeln sparen können", so der Wissenschaftler.

Der Goodwill darf jedoch nicht zu weit gehen. "Nicht jeder Beschäftigte ist für die Arbeit im Home Office geeignet", warnt Stephan Pfisterer, Personal- und Arbeitsmarktexperte des Bitkom in Berlin. Wer sich leicht ablenken lässt und wenig Selbstdisziplin mitbringt, ist im Büro besser aufgehoben als im heimischen Arbeitszimmer. "Flexible Arbeitsmodelle erfordern ein ausgeprägtes Selbstmanagement", unterstreicht Pfisterer. "Mitarbeiter sollten hier ehrlich zu sich sein und diese Faktoren kritisch prüfen." Dies gilt insbesondere, wenn daheim der Nachwuchs herumwuselt, wie Nicola Rodegra weiß. "Die Vorstellung, lieber von zu Hause aus zu arbeiten, wenn Kinder zu betreuen sind, hat mancher Kollege schon revidieren müssen", sagt die Vertriebsleiterin für die Kommunikations- und Medienbranche bei Microsoft, die ein Team aus zwölf Leuten in Unterschleißheim und im Kölner Raum führt. Die betroffenen Eltern sind reumütig wieder ins Büro zurückgekehrt, um dort ungestört arbeiten zu können.

Das Home Office als ruhiger, entspannter Ort zum Arbeiten? Diese Vorstellung musste schon mancher Mitarbeiter revidieren.
Das Home Office als ruhiger, entspannter Ort zum Arbeiten? Diese Vorstellung musste schon mancher Mitarbeiter revidieren.
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