Emotionale Intelligenz

Höre auch auf Deinen Bauch

Bizarre Versprechen von Intuitionstrainings

Wenig Eric, Hewlett-Packard: "Intuition stützt sich auf Werte."
Wenig Eric, Hewlett-Packard: "Intuition stützt sich auf Werte."
Foto: Hewlett-Packard

Impulsive Beschlüsse haben kurze Beine. Experten empfehlen daher, sie auf ihre Richtigkeit hin abzuklopfen – möglichst in einem Team aus unterschiedlichen Naturellen. Fest steht: Mehrere Bäuche sind besser als einer. Das weiß auch Eric Wenig, Vice President für die Sparte Enterprise Server Storage Networking (ESSN) bei Hewlett-Packard in Böblingen. Bei Entscheidungen über Investitionen und Neugeschäft gibt die Intuition des Elektrotechnikers häufig den Ausschlag. „Manchmal kommt es vor, dass die Faktenbewertung rechts unten auf dem Excel-Chart ein Plus ausweist, und trotzdem geht bei mir eine Warnlampe an, die mir das Gefühl gibt: Das Ding kann nicht fliegen!“, erzählt Wenig. Um der Sache seines Magengrummelns auf den Grund zu gehen, hat sich der 50-Jährige angewöhnt, sich selbst und seinen Kollegen eine Reihe kritischer Fragen zu stellen. „Bei der Beantwortung merken wir dann schnell, ob sich der Knoten im Bauch löst oder eben nicht.“ Intuition sei auch rational, findet der HPler. „Statt auf Zahlen, Daten und Fakten stützt sie sich auf Werte“, so Wenig. Für ihn ist die Intuition wie ein Wertekompass, mit dem sich Entscheidungen schnell ausloten lassen.

Wenig ist nicht allein. Die Lernbereitschaft in Sachen emotionaler Intelligenz nimmt firmenübergreifend zu. Diverse Intuitionstrainings stehen Fach- und Führungskräften heute zur Auswahl – von der Meditation bis zur Hypnose. Die Versprechen klingen teilweise bizarr. In Aussicht gestellt werden zum Beispiel „Handhabung und Einsatz von Geistesblitzen“, „körperliche Abenteuer“ sowie das „Einsehen in den wahren Seinsgehalt einer Situation“. Trotz all dieser Heilsversprechen: Den richtigen Riecher in allen Lebenslagen kann man nirgendwo lernen. Den bekommt man nur durch jahrelange Übung und Erfahrung. Seriöse Seminaranbieter zeigen den Teilnehmern, wie sie in unsicheren Situationen dem eigenen Instinkt vertrauen lernen.

In kleineren Betrieben hat es das Bauchgefühl oft etwas leichter als in Konzernen. „Im Mittelstand vertrauen Chefs häufiger dem Bauch. Leider allerdings oft nur dem eigenen“, beobachtet Trainer und Fachbuchautor Andreas Zeuch ("Feel it! Soviel Intuition verträgt Ihr Unternehmen"). Dazu kommt: In börsennotierten Aktiengesellschaften ist besondere Achtsamkeit angebracht. „Wer unter hohem Legitimationsdruck – etwa durch Shareholder – arbeitet, ist nicht schlecht beraten, intuitive Entscheidungen im Nachhinein zu plausibilisieren“, rät Zeuch.

Das ist meist kein Problem. Beim Großteil aller Geschäftsentscheidungen mangelt es keinesfalls an vorhandenen Zahlen und Fakten. Viele Unternehmen plagt die Datenmenge sogar. Mit Big Data versuchen sie, der Analyse der riesigen Datenmassen Herr zu werden. „Doch egal wie weit entwickelt Big-Data-Technologien sind: Allein damit ist die Entscheidungsfindung nicht abgefrühstückt“, so Zeuch. Im Gegenteil. Je mehr Optionen man hat, desto wichtiger wird der innere Kompass, der einem die Richtung weist.