Fitness und Resilienz im Fokus der IT

Gesundheitsmanagement gegen Stress und Burnout

Berufe in der IT belasten Bewegungsapparat und Psyche. Schuld ist die sitzende Tätigkeit vor dem Monitor mit Pizza und Red Bull, aber auch Stress in der Projektarbeit. Immer mehr Unternehmen reagieren nun mit einem ganzheitlichen Gesundheitsmanagement, auch um in Zeiten des demografischen Wandels Fachkräfte zu halten.

Krankheit im Job ist kostspielig: Rund 225 Milliarden Euro beträgt der volkswirtschaftliche Schaden in Deutschland durch Fehlzeiten und reduzierte Leistung am Arbeitsplatz, haben die Analysten von Booz & Company errechnet. Die Unternehmen hierzulande wissen um diese Tatsache und haben früh reagiert. Seit Jahrzehnten achten Arbeitsmediziner darauf, dass Kisten nicht zu schwer und Schreibtische nicht zu niedrig sind.

Psychische Erkrankungen sind auf dem Vormarsch

Die Erfolge sind beachtlich, aber längst nicht ausreichend. Der Grund: Inzwischen werden die Betriebe von einer Welle psychischer Erkrankungen überrollt. Von 1997 bis 2012 haben die Fehlzeiten durch solche Befunde um 165 Prozent zugenommen. Gleichzeitig trifft der demografische Wandel die Wirtschaft mit voller Wucht. Junge Fachkräfte sind Mangelware, weshalb die Werktätigen im Schnitt alle einige Jahre länger arbeiten müssen.

Gezieltes Gesundheitsmanagement hilft, Fehlzeiten in Unternehmen zu reduzieren.
Gezieltes Gesundheitsmanagement hilft, Fehlzeiten in Unternehmen zu reduzieren.
Foto: Christian Delbert - Shutterstock.com

Doch wie soll das gehen, wenn sich viele Berufstätige schon mit 50 ausgebrannt fühlen? Die Antwort klingt simpel und lautet: integriertes, betriebliches Gesundheitsmanagement. Das heißt im Klartext, dass Unternehmen sich künftig ganzheitlich um das Wohlbefinden ihrer Mitarbeiter kümmern müssen. Und damit ist nicht nur der Bandscheibenvorfall gemeint, sondern auch die Psyche, die bisher am Arbeitsplatz wenig Beachtung fand.

Das trifft auch und gerade auf IT-Experten zu. Sie arbeiten überwiegend im Sitzen, sind also anderen physischen Belastungen ausgesetzt als etwa Arbeiter in der Produktion. Bewegungsmangel ist unter Schreibtischkräften weit verbreitet, hinzu kommt die Gefahr der ungesunden Ernährung. Der Programmierer mit Pizza und Red-Bull-Dose ist leider kein Klischee; er ist häufiger anzutreffen, als man denkt. Und mitunter kommen weitere Belastungen hinzu. Zum Beispiel nicht ergonomische Arbeitsplatzausstattungen wie schlechte Stühle oder falsch eingestellte Bildschirme, aber auch die Arbeit in Großraumbüros mit zahlreichen Geräuschquellen, die zu Konzentrationsstörungen führen.

Stressbewältigung am Arbeitsplatz

Unternehmen reagieren deshalb verstärkt mit Maßnahmen zur Gesundheitsvorsorge. So hat die Schott AG Angebote entwickelt, wovon IT-Fachleute besonders profitieren. Dazu zählen ein Sinus-Training zur besseren Stressbewältigung, Massagen, die während des Arbeitstages in der Nähe des Arbeitsplatzes gebucht werden können, aber auch kurze Trainingssequenzen und Entspannungsübungen während der Mittagspause sowie Entspannungs- und Massagesessel im Werk. Medizinische Checks und kurze Klinikaufenthalte in kleinen Gruppen mit den Schwerpunkten Ernährung, Bewegung und Entspannung sollen ferner der Prävention und der Früherkennung von Erkrankungen dienen.

Während die Unternehmen bei solchen Angeboten in der Regel gute Standards erreichen, rücken andere Themen erst neuerdings in den Fokus. Da ist zum Beispiel die verstärkt diskutierte und beklagte Entgrenzung der Arbeitszeit zu nennen. Auch nach Feierabend oder am Wochenende ist der vom Chef oder selbst auferlegte Zwang, Mails zu checken, groß, und allzu oft verschwimmen Arbeit und Freizeit zu einem Kontinuum. "Internationale Reisen zu Zwecken der Projektarbeit oder Servicetätigkeit belasten durch Zeitverschiebung und flexible Arbeitszeiten", sagt Andreas Beeres, CIO der Schott AG. Wenn dann noch Ärger hinzukommt - und der ist bei Fachleuten, die sich mit IT und Software beschäftigen, im wahrsten Sinne des Wortes vorprogrammiert -, dann kann es je nach individueller Konstitution zu Schlafstörungen und Nervosität kommen. Auf Dauer können organische Erkrankungen wie Bluthochdruck, Herzerkrankungen und Übergewicht die Folge sein.

Die Zahl der Frühverrentungen aufgrund psychischer Befunde nimmt zu, besonders dramatisch seit 2006. Es besteht die Gefahr, dass den Arbeitgebern die angesichts des demografischen Wandels unverzichtbaren Mitarbeiter über 50 wegbrechen. Der Yoga-Kurs reicht dann nicht mehr, "wir müssen diese Mitarbeiter bei der emotionalen Arbeit unterstützen", sagt Medizinerin Margit Emmerich, die seit 2003 den betriebsärztlichen Dienst sowie das betriebliche Gesundheitsmanagement bei der Schott AG leitet.