Geldmangel führt zu Innovationen

Funktechnik als Ersatz für Mietleitungen

Nicht nur Institute im Nordosten Deutschlands verwirklichen WLAN-Projekte. Seit zwei Jahren existiert das Funkbildungsnetz (Fubinet), das durch die Ausweitung des Moerser Bildungsnetzes (Mobinet) auf den Kreis Wesel entstand und am linken Niederrhein inzwischen elf lokale Netzwerke von Schulen und anderen Bildungseinrichtungen per Funk verbindet. Anders als in Rostock entstand die Installation zunächst aus reinem Kostendruck, nachdem die Deutsche Telekom die Preise für Mietleitungen angehoben hatte. Für die angeschlossenen Institutionen ging es primär darum, die Stand- beziehungsweise ISDN-Wählleitungen durch WLAN-Bridges zu ersetzen, und so über die Universität Duisburg den Zugang zum Deutschen Forschungsnetz (DFN) zu realisieren. Ein allgegenwärtiges Netz wie in Rostock mit ortsunabhängigem Zugang ist nach wie vor jedoch nicht geplant.

Die eingesetzten Systeme entsprechen ebenfalls dem IEEE-Standard 802.11 (IEEE = Institute of Electrical and Electronics Engineers). Ein interessanter Aspekt der Installation sind die großen Distanzen von bis zu 18 Kilometern zwischen den einzelnen Standorten. Zwar handelt es sich bei den meisten Funkstrecken noch um 2-MBit/s-Technik, aber auch mit aktuellen 11-MBit/s-Komponenten konnte das Team um Dieter Pannen, Lehrer am Mercator Berufskolleg in Moers, bereits Erfahrungen sammeln. "Auf der Strecke zwischen Duisburg und dem Turm der Müllverbrennungsanlage (MVA) in Kamp Lintfort konnten wir im Testbetrieb eine Netto-Datenrate von mehr als 4 MBit/s messen", sagt er. Angesichts der Tatsache, dass der Link zugleich der längste ist, beeindruckt der Wert besonders und spricht für die Antennen des Herstellers Paulus. Der etwa 100 Meter hohe Kessel-Turm der MVA bildet auch das Zentrum des Fubinet-Netzwerk-Planes, der von den geografischen Gegebenheiten der Landschaft profitiert. Von der Turmspitze aus besteht zu anderen hohen Gebäuden der Umgebung eine direkte Sichtverbindung, dazu gehören eine 80 Meter hohe Schachtanlage und mehrere Zechentürme.

Angestoßen durch den Erfolg des Fubinet gab das Kommunale Rechenzentrum Niederrhein (KRZN) eine Studie in Auftrag, die unter dem Titel "Schulen ins Internet" die Anforderungsprofile der Bildungseinrichtungen im Zuständigkeitsbereich des Rechenzentrums ermitteln sollte. Denn Dieter Pannen hatte bereits eine neue Vision eines Bildungsnetzes vorgelegt: ein Richtfunk-Backbone mit einer Bandbreite von 155 MBit/s auf Basis von ATM soll die Kommunen im Bereich des linken Niederrheins miteinander verbinden, wobei jede Kommune mit 34 MBit/s angeschlossen würde. In den Orten sollen die Bildungseinrichtungen per genehmigungsfreier 2,4-GHz-Wireless-Technik Zugriff auf das High-speed-Netz bekommen. Die Kostenvorteile, die Pannen bei seiner Richtfunk-Kalkulation erwartete, wurden inzwischen durch die Studie des Unternehmens RZ-Net-Informationstechnologie in Stolberg weitgehend bestätigt. Beispielsweise ermittelten die Experten für die 34-MBit/s-Richtfunkstrecken der Kommunen eine Amortisierungsdauer von 36 Monaten gegenüber 2-MBit/s-Festverbindungen. Das Ergebnis überzeugte alle Beteiligten.

Die abschließende Empfehlung des Papiers sieht das KRZN und Fubinet als wichtige Bestandteile eines Bildungsnetzes NRW, das auch von der Landesregierung in Nordrhein-Westfalen gefordert wird. Inzwischen gaben die Verantwortlichen des KRZN eine Machbarkeitsstudie in Auftrag, die die technische Umsetzung des Projektes "Fubinet 2000" überprüfen soll. Dabei geht es unter anderem um die Verfügbarkeit von geeigneten Gebäuden und Industrieanlagen, die als Installationsstandorte für die Antennen in Frage kommen. Dem Richtfunk-Projekt steht das Versprechen der Telekom gegenüber, alle Schulen Deutschlands kostenlos ans Netz zu bringen. Das wäre nach Pannens Auffassung ein Tropfen auf den heißen Stein. Denn für die meisten Schulen würde eine ISDN-Verbindung heute schon nicht ausreichen, von zukünftig multimedialen Bildungsinhalten mal ganz abgesehen.