Überleben in der Digitalen Transformation

Fünf Prinzipien die Unternehmen von Google lernen können

Digitale Geschäftsmodelle neu denken

In Deutschland gibt es zwei Denkfehler bei der digitalen Transformation. Zum einen setzen wir immer noch auf Produkte, über die wir alleine die Urheberrechte einfordern. Wir wollen besitzen. Zum anderen wird immer noch der Nutzer - und noch häufiger der Massenmarkt - mit dem Kunden gleichgesetzt.

Google denkt auch hier disruptiv. Nicht nur sind bei Google die Nutzer das Produkt - und die Kunden sind die Unternehmen, die Werbung schalten. Bei Google wird auch weniger in feststehenden Produkten und Services gedacht, sondern in Instanzen.

Die Geschäftsführer übernommener Unternehmen werden im Silicon Valley gezielt gehalten. Außer bei Microsoft liegt die so genannte Founder Retention Rate bei deutlich über 50 Prozent (Datenquelle: http://time.com/3815612/silicon-valley-acquisition)
Die Geschäftsführer übernommener Unternehmen werden im Silicon Valley gezielt gehalten. Außer bei Microsoft liegt die so genannte Founder Retention Rate bei deutlich über 50 Prozent (Datenquelle: http://time.com/3815612/silicon-valley-acquisition)
Foto: Stephan Preuss

Eine Instanz ist - in der Sprache des Silicon Valley - eine digitale Dienstleistung für Nutzer, die erscheint und nach Abschluss wieder geht. Das Prinzip ist an Online-Spiele angelehnt, in denen für Spieler neue Spielbereiche für eine Zeit lang erschaffen werden und nach Abschluss wieder verschwinden. Dieses Prinzip lässt sich hervorragend auf digitale Dienstleistungen übertragen. Das Thema der Produkt-Features gerät dabei in den Hintergrund. Vielmehr geht es darum, auf welche Art und Weise die Bedürfnisse des Nutzers im digitalen Fluss befriedigt werden können. Wurde eine Instanz einmal programmiert, kann sie unendlich oft verwendet werden. Wird das Ganze mit einer Einnahmemöglichkeit gekoppelt, im Fall von Google mit Werbung, werden exponentielle Geschäftsmodelle möglich.

Fördern statt neu erfinden

Dabei muss noch nicht einmal ständig das Rad in den eigenen vier Wänden neu erfunden werden. Die meisten Technologiesprünge hat Google durch Übernahmen junger Start-Ups und der Zusammenarbeit mit externen Innovatoren erreicht. Man könnte die Google-Welt auch als ein Konglomerat aus vielen Start-Ups bezeichnen, die teilweise äußerst autonom arbeiten und dennoch in der großen Vision von Google Schlüsselpositionen einnehmen.

Wo in Europa Schwarzmalerei vorherrscht, sieht bei Google die Zukunft bunt aus.
Wo in Europa Schwarzmalerei vorherrscht, sieht bei Google die Zukunft bunt aus.
Foto: Stephan Preuss

Intern wie extern hat sich Google dadurch ein effizientes, visiongetriebenes Netzwerk aufgebaut, in dem jeder seinen Platz gerne einnimmt. Ein wichtiger Faktor bei solchen Übernahmen ist, die Gründer dieser Start-Ups nicht - wie üblich - zu verdrängen oder stumm zu stellen, sondern weiter zu fördern. Immerhin sind es die Gründer, die sowohl ein ausgebildetes Entrepreneur-Verständnis haben, als auch das Wissen und Know-How für die Umsetzung der Idee mitbringen. Die so genannte founder retention rate - also wie viele Gründer der übernommenen Startups bleiben - ist deshalb ein ganz besonderer Indikator für eine erfolgreiche Übernahme. Laut einer Studie der TIME konnte beispielsweise Google zwischen 2006 und 2014 rund zwei Drittel aller Gründer halten. Bei Facebook liegt die Rate sogar bei 75 Prozent.

Fazit: Weniger Politik - mehr frischer Wind

Deutschland - und Europa allgemein - hat bei der digitalen Transformation weniger ein ingenieurstechnisches Problem als eine grundsätzliche Angstblockade. Star-Investor Peter Thiel beschrieb es jüngst im stern mit den Worten: "Bei euch hat der Zeitgeist keine Ahnung, wie die Zukunft aussehen könnte. Er weiß nur, dass sie düster wird. Wann hat ein europäischer Politiker zum letzten Mal eine Rede gehalten, in der eine positive Zukunft entworfen wurde?". Innovationen entstehen dabei nicht. Wie Google zeigt, bedarf es dafür nicht nur einer positiven Zukunftsvision und eines Umdenkens beim Umgang mit den Mitarbeitern - welche die Innovatoren der Unternehmen sind.
Es fordert auch ein klares Bekenntnis zum Nutzer beziehungsweise Kunden und zu seinen Bedürfnissen. In den Worten von Google-CEO Eric Schmidt im WIRED: "Wir glauben, wenn man auf der Seite der Kunden steht, wird man am Ende gewinnen." Im selben Interview attestiert Schmidt übrigens gerade den Berliner Start-Ups das Potential, das nächste große Ding zu werden. Die alt eingesessenen Konzerne tun gut daran, sich ernsthaft mit modernen Lösungen zur Digitalisierung zu beschäftigen. (bw)