IT-Services unter der Lupe

Freelancer, Arbeitnehmerüberlassung oder Werkverträge?

Komplexe IT-Projekte, vor allem im SAP-Umfeld, dauern lange und kommen ohne den Einsatz von IT-Freiberuflern nicht aus. Unabhängig davon, ob Unternehmen die IT-Experten als Freelancer, über Zeitarbeit oder mittels Werkvertrag an Bord holen, bei jeder dieser Vertragsform gibt es Haken, warnt die Deutschsprachige SAP-Anwendergruppe DSAG.

IT-Großprojekte werden in Deutschland heute kaum noch ohne Freelancer oder Dienstleister bestritten. Das belegen Zahlen aus der COMPUTERWOCHE-Studie "IT-Freiberufler 2015". Demnach messen knapp 45 Prozent der deutschen Unternehmen Freelancern im Sourcing-Mix schon aktuell eine große bis sehr große Bedeutung zu. Und dieser Anteil erhöht sich auf knapp 55 Prozent, wenn man die Bedeutung der Freiberufler in den kommenden zwei Jahren betrachtet. Für Unternehmen mit über 500 Mitarbeitern sei dagegen die Beauftragung über Personaldienstleister das Mittel erster Wahl.

Diese Entwicklungen sind für Selbständige im IT-Umfeld durchaus positiv zu bewerten, zumal aus einer Umfrage durch freelance.de unter deutschen IT-Freiberuflern hervorgeht, dass Projekte, für die sie im vergangenen Jahr beauftragt wurden, im Schnitt sieben bis zehn Monate dauerten. Knapp 20 Prozent der Befragten gaben an, dass die Projekte erst nach über einem Jahr endeten.

Doch genau diese Entwicklungen am Markt bergen vor dem Hintergrund neuer und geplanter Gesetzesänderungen so einige Stolperfallen für Auftraggeber. Dies bestätigen auch CIOs, die innerhalb der Deutschsprachigen SAP-Anwendergruppe e.V. (DSAG) organisiert sind. "Insbesondere im SAP-Umfeld beobachten wir angesichts der wachsenden Komplexität von IT-Projekten, dass Beauftragungsdauer und -intensität stetig zunehmen", erklärt Hans-Achim Quitmann, DSAG-Vorstand für das Ressort Technologie und Konzern-CIO bei der Carl Zeiss AG. "Entsprechend wichtig ist der intensive Austausch, um rechtliche Konsequenzen bei der Beauftragung externer IT-Dienstleister von vornherein auszuschließen."

Hans-Achim Quitmann, CIO von Carl Zeiss und DSAG-Vorstand für Technoligie: "Es wird für Auftraggeber immer wichtiger, Rahmenbedingungen zu prüfen. Bestreitet der Freelancer noch weitere Projekte mit anderen Kunden? Steht dem Beauftragten möglicherweise ein eigener Arbeitsplatz zur Verfügung?"
Hans-Achim Quitmann, CIO von Carl Zeiss und DSAG-Vorstand für Technoligie: "Es wird für Auftraggeber immer wichtiger, Rahmenbedingungen zu prüfen. Bestreitet der Freelancer noch weitere Projekte mit anderen Kunden? Steht dem Beauftragten möglicherweise ein eigener Arbeitsplatz zur Verfügung?"
Foto: DSAG

1. Missbrauch von Werkverträgen: Falle Scheinselbständigkeit

Im Koalitionsvertrag bereits festgeschrieben will die Bundesregierung in Kürze ein Gesetz in die Wege leiten, das den Missbrauch von Werkverträgen verhindern soll. Demnach soll ein Kriterienkatalog eingeführt werden, anhand dessen sich prüfen lassen soll, ob ein Werkvertrag vorliegt oder der Beauftragte durch seine Tätigkeit nicht sogar den Status eines Arbeitnehmers aufweist. Im zweiten Fall läge eine Scheinselbständigkeit vor. Bei dieser liegt die Sozialversicherungspflicht automatisch beim Auftraggeber. Wurden diese nicht erbracht, handelt es sich um einen Straftatbestand.

In der Folge müssen Zahlungen nicht nur rückwirkend zum Auftragsbeginn erfolgen, es wird zudem ein Verfahren gegen das beauftragende Unternehmen eingeleitet. "Es wird für Auftraggeber immer wichtiger, Rahmenbedingungen zu prüfen. Bestreitet der Freelancer noch weitere Projekte mit anderen Kunden? Steht dem Beauftragten möglicherweise ein eigener Arbeitsplatz zur Verfügung? Diese und weitere Kriterien sind künftig intensiv zu prüfen und zu verfolgen. Nur so können sich beauftragende Unternehmen gegen rechtliche Konsequenzen der Scheinselbständigkeit absichern", warnt Quitmann.