Forscher drehen an der Zeit

Wissenschaftler messen erstmals die Erdrotation nahezu in Echtzeit. Durch eine weltweite Vernetzung der Teleskope lässt sich die Abweichung von der Standardzeit beobachten und korrigieren.

Die Erde rotiert aufgrund der Gezeitenwirkung stetig etwas langsamer. Dadurch entsteht ein Konflikt zwischen zwei Versionen der Zeit: der astronomischen Zeit UT1, die auf der Erdrotation basiert, und der physikalischen Atomzeit, die durch Cäsium-Atomuhren auf der Erde bestimmt wird.

Um beide Zeitversionen zu koordinieren, wurde die Weltstandardzeit UTC eingeführt. Sie vereint beide Zeitangaben und gibt seit 1956 einheitlich an, wie spät es ist. Damit die zwei Zeitversionen aber nicht immer weiter auseinander laufen, wird seit 1972 die Weltstandardzeit alle paar Jahre um eine Schalt-Sekunde nach vorne gedreht. Dann entspricht sie annähernd der astronomischen Zeit.

Wann diese Schaltsekunde fällig ist, hängt also von der Erdrotation ab. Sie muss deshalb genau gemessen werden, sonst endet der Unterschied im Zeitchaos. Eine internationale Kollaboration von Forschern aus Deutschland, Japan und Norwegen misst nun mit Radioteleskopen die Erdrotation auf etwa drei Millimeter genau. Die Forscher bestimmen so fast in Echtzeit, wie sehr sich beide Zeitversionen unterscheiden.

Weltumspannendes Netzwerk: Abgebildet sind die beteiligten Stationen, die jeweils die Erdrotation live beobachten. Die Radioteleskope befinden sich in Wettzell (Deutschland), Ny Ålesund (Norwegen) und Tsukuba (Japan). In Bonn werden die Messungen an einem Spezialrechner analysiert. Bild: IGG Bonn
Weltumspannendes Netzwerk: Abgebildet sind die beteiligten Stationen, die jeweils die Erdrotation live beobachten. Die Radioteleskope befinden sich in Wettzell (Deutschland), Ny Ålesund (Norwegen) und Tsukuba (Japan). In Bonn werden die Messungen an einem Spezialrechner analysiert. Bild: IGG Bonn
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Um so genau messen zu können, beobachten drei verschiedene Radioteleskope in Deutschland, Norwegen und Japan gleichzeitig etwa eine Stunde lang den Himmel. Die Daten strömen dann durch 17.000 Kilometer Glasfaserkabel zum Max-Planck-Institut für Radioastronomie in Bonn. Die verschickte Datenmenge entspricht dabei 13 voll beschriebenen DVDs pro Teleskop für jeweils eine halbe Stunde Messzeit. „Es mag im ersten Moment wenig erscheinen, aber jede Woche erreichen uns online über 50 Gigabyte von den drei Teleskopstationen“, sagt Walter Alef vom MPIfR.

Die jeweils aktuellen Messungen werden weltweit weiter verwertet. Deshalb sind sie extra für alle wichtigen wissenschaftlichen und kommerziellen Institutionen auf einem Webserver in Paris zugänglich. Das Experiment wird ab jetzt stetig Daten liefern. Der International VLBI Service for Geodesy & Astrometry (IVS) kann damit regelmäßig die Erdrotation bestimmen – bereits wenige Stunden, nachdem die Teleskope den Himmel betrachtet haben. (dsc)

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