Files and more

Die etablierten PC-Serverbetriebssysteme Netware und Windows NT bekommen immer mehr Konkurrenz. Neben Linux tritt nun ein kommerzielles Unix-Derivat an: SCO Unixware 7.1 präsentiert sich für alle Einsätze gerüstet.

Von: Martin Wild

Während Unix im Bereich der Midrange-Server dominiert, führt es im Umfeld der PC-Server bislang nur ein Schattendasein. Diesen Markt teilen sich Netware und Windows NT. Das Novell-System kommt dabei bevorzugt als File- und Print-, NT als Applikations-Server zum Einsatz.

Der anhaltende Linux-Boom zeigt, daß die Anwender Intel-basierter Rechner zunehmend auch an Unix interessiert sind. Zwar hat das Open-Source-System gute Chancen, in kleineren und mittleren Arbeitsgruppen Einzug zu halten, doch werden nur wenige IT-Verantwortliche der Freeware in geschäftskritischen Installationen trauen. Hier bieten sich zwei Systeme an: Solaris von Sun und Unixware von Santa Cruz Operation (SCO). Die im Frühjahr vorgestellte Version 7.1 von Unixware hat gateway im Hinblick auf die Verwaltbarkeit des Systems, die generelle Einsatzmöglichkeiten und den gebotenen Funktionsumfang unter die Lupe genommen.

Das SCO-Betriebssystem und dessen Vorläufer "Open Server" hat es schon immer nur für Intel-Rechner gegeben, und das soll sich auch nicht ändern. Daraus ergibt sich ein leichter "Heimvorteil" gegenüber Solaris, das auf der Intel-Plattform erst seit der vorletzten Version 2.6 akzeptabel läuft. Unixware arbeitet bereits seit der Version 7 intern mit 64-Bit-Adressierung und ist daher bestens für die kommende Prozessorarchitektur IA-64 gerüstet. In Kooperation mit IBM arbeitet SCO zudem an dem Projekt "Monterey", einer Synergie aus Unixware und AIX für IA-64.

Intel-only-Unix

Unixware wird in verschiedenen Ausbaustufen von der "Base Edition" bis hin zur "Data Center Edition" angeboten und eignet sich nicht nur als File- und Print- sondern auch als Applikations-Server. Je nach Ausgabe variiert der Leistungsumfang im Bereich der Multiprozessorunterstützung und des Cluster-Supports. Gegenüber des Release 7 bietet die aktuelle Version neben vielen Fehlerkorrekturen und Geschwindigkeitsverbesserungen eine ganze Reihe zusätzlicher und überarbeiteter Merkmale (Kasten Neu in Unixware 7.1").

Programme wie Arcserve, Merge und die Real-Produkte müssen gesondert lizenziert werden. Wie schon bei Unixware 7.0 gibt es zudem eine Reihe von Zusatzprogrammen im Lieferumfang. Dazu gehören "Advanced File and Printserver" (AFPS) und "Reliant High Availability Package", beide von SCO, und "Fasttrack-Server", Mail- und Directory-Server von Netscape. Außerdem liegt eine CD "Open License Software Supplement", früher "Skunkware", bei, die SCO-Versionen bekannter Freeware-Programme wie "Apache"-Web-Server, "Bash"-Shell oder "Squid"-Proxy enthält.

Die Installation des Betriebssystems ist mittlerweile recht simpel. Der komplette Einrichtungsprozeß ist menügeführt. Der Systemstart erfolgt leider noch nicht von CD, sondern von Diskette. Darauf kann der Administrator das Setup-Profil des Rechners sichern, um die Vorgaben auf anderen Rechnern zu verwenden. Die Software muß unbedingt auf die erste Partition der ersten Server-Festplatte geladen werden und arbeitet nicht mit bekannten Boot-Manager-Programmen zusammen. SCO entschied sich für das bekannte, leistungsstarke und sichere "Veritas Filesystem" (VXFS).

Einfach aber langwierig

Die Installation erkennt die meisten Rechnerkomponenten wie Grafikkarte, SCSI-Adapter und Netzwerkkarte automatisch. Einem gültigen Lizenzschlüssel entnimmt das Einrichtungsprogramm die Information betreffs der gewünschten Edition. Nach weiteren Fragen bezüglich der zu installierenden Komponenten erfolgt die eigentliche Datenübertragung. Dieser Vorgang dauert recht lange und fordert bis zu drei Installations-CDs mit den verschiedenen Paketen an. In bestehenden Umgebungen kann die Einrichtung auch über ein Netzwerk mit NFS-Server erfolgen.

Nach einem Neustart zeigt sich das System betriebsbereit mit Common Desktop Environment (CDE). Kundige Administratoren können die Standardkonsole natürlich nach Belieben ändern oder ganz abschalten und im Textmodus arbeiten. Nahezu alle Module und Treiber lassen sich zur Laufzeit laden und löschen.

Teilzentrale Administration

Die CDE-Menüleiste enthält ein zentrales, grafisches Tool zur Verwaltung nahezu aller System- und Server-Funktionen (Bild 1). Solaris fehlt etwas Vergleichbares und macht die Konfiguration des Sun-Unix zur komplizierten Texteditor-Orgie. Das SCO-Werkzeug enthält Grundfunktionen wie einen Gruppen- und Benutzermanager, aber auch Möglichkeiten zur Konfiguration der X-Window-Oberfläche oder der Internet/Intranet-Dienste. Die Fremdprodukte werden, sofern installiert, ebenfalls zur Einrichtung angeboten.

Hinter den Icons innerhalb des Tools verbergen sich zum Teil grundverschiedene Programme. Für Systemdienste wie beispielsweise "Domain Name Service" (DNS), Benutzerverwaltung oder Videokonfiguration gibt es firmeneigene Anwendungen mit einer nahezu einheitlichen Benutzeroberfläche. Dienste von Netscape werden über eigene Installationswerkzeuge verwaltet. Der Fasttrack-Web-Server startet beispielsweise den "Navigator" und managt seine Einstellungen über dynamische Web-Seiten. Diese Inkonsistenz in der Administration ist etwas verwirrend, dennoch bietet dieser Ansatz mehr Komfort als andere Unix-Derivate, Linux eingeschlossen. Windows NT verwaltet zwar alle Internet-Dienste mit einem einheitlichen Tool, doch die Benutzer-, File-Share- und Druckereinrichtung erfolgt in getrennte Anwendungen.

Der Administrator muß das System nicht unbedingt direkt von der Serverkonsole verwalten. In altbekannter Unix-Manier läßt sich der Desktop per X-Window auf beliebige andere Rechner verlegen, sofern dort ein X-Server vorhanden ist. Ab der Version 7.1 gibt es auch "Webtop". Diese Alternative stellt Anwendungen des Serverdesktops im Browser der Clients dar. Dazu leiht sich SCO Techniken aus der eigenen Middleware "Tarantella", die Host-Anwendungen verschiedener Terminalemulationen über einen Web-Server Browser-gerecht an Clients liefert (Bild 2). Lediglich der Netscape Fasttrack-Server muß auf dem Rechner aktiviert werden.

Universeller Fileserver

Beim Einsatz als Applikationsserver ist zu bemängeln, daß die populären Anwendungen SAP R/3 und Lotus Notes nicht in einer Unixware-Variante vorhanden sind. Trotzdem präsentiert sich das System als leistungsfähiger File- und Printserver. Die Protokolle NFS und FTP sind bei Unix ohnehin standardmäßig vorhanden. Doch gibt es, bedingt durch die Novell-Vergangenheit, auch noch in der aktuellen Version Dienste für Netware. Ist ein echter Netware-Server (ab Version 4) im Netz vorhanden, kann der Unix-Server in den NDS-Baum (NDS = Netware Directory Service) integriert und genutzt werden. Für Windows-komaptible Dateidienste steht "Vision FS" in der Version 3.0 bereit. Diese SCO-eigene SMB-Implementierung (SMB = Server Message Block) erlaubt die Freigabe von Ressourcen, welche die Windows-Clients mit TCP/IP als Transportprokoll nutzen können. Die Software arbeitet dabei im Arbeitsgruppenmodus und läßt sich nicht in eine NT-Domänenstruktur einbinden.

Um innerhalb einer NT-Domäne operieren zu können, bedarf es des Zusatzpakets AFPS. Es ist eine direkte Unix-Portierung des ursprünglichen "Lan Manager/Lan Server"-Codes, wie er vom NT- oder vom OS/2-Lan-Server verwendet wird. Damit tritt das SCO-Betriebssystem als NT-Domain-Controller, Backup-Domain- oder Member-Server auf. Die Administration erfolgt wahlweise über die Net-Kommandos von Lan Manager oder über die normalen Verwaltungsprogramme für Windows. Die Täuschung der Windows-Clients ist dabei dermaßen perfekt, daß AFPS sogar eine Windows-Registry für spezielle Einstellungen simuliert, die vom Windows-Registry-Editor eines Clients verwaltet werden kann.

Während verwandte Systeme wie Syntax "Totalnet" eine eigene, systemunabhängige Benutzerdatenbank benötigen, kooperiert AFPS mit der Unix-Benutzerverwaltung. NT-Tools generieren spezielle AFPS-Benutzer, die keinerlei Shell-Rechte auf der Unix-Maschine besitzen und daher auch nicht mit Telnet auf den Unixware-Server kommen. Dennoch haben sie eingeschränkte Dateisystemrechte und können die freigegebenen Ressourcen nutzen.

Im Vergleich

Gegenüber NT weist Unixware 7.1 eine Reihe von Vorteilen, aber auch gewisse Nachteile auf. Als Fileserver ist die SCO-Systemsoftware in Verbindung mit AFPS speziell im größeren IT-Umfeld geeigneter. Sie bietet erweiterte Cluster-Funktionen und skaliert besser auf Multiprozessor-Umgebungen. Das Veritas-Dateisystem besitzt umfangreiche Optionen wie Journaling. Als Applikationsserver erscheint Unixware sicherer, doch ist die Auswahl der Applikationen bei NT höher.

Linux hingegen hat gewisse Vorteile in bezug auf die Auswahl der verfügbaren Anwendungen und der unterstützten Hardware. Doch ist die Konfiguration der Freeware trotz vieler Komfort-Tools wie "Yast", "Ksamba" oder "DLD admin" komplizierter. Im Einsteigerbereich hat Linux sicher die Nase vorn. Doch mangelt es dem Open-Source-Betriebssystem an Skalierbarkeit, Stabilität, Multiprozessorunterstützung und Clusterfähigkeit. Damit ist Linux der Zugang zu Enterprise-Installationen verwehrt. Solaris bietet als Applikationsserver eine breitere Anwendungsauswahl als SCO, doch sind die File-Server-Fähigkeiten auch mit Zusatzwerkzeugen wie Totalnet noch dem Können von AFPS unterlegen. Auch ist der Auswahl der unterstützten Hardware selbst bei der aktuellen Version 7 von Solaris erschreckend gering. (sf)