Datenschutzexperte hält Schritt für absurd

Facebook lässt Nutzer über AGBs abstimmen

Wieder einmal will Facebook die Nutzerbedingungen ändern. Diesmal sollen die Nutzer aber aktiv mitbestimmen dürfen. Zuckerberg und sein Team rufen zur Wahl auf.

Das Social Network Facebook hat sich im Februar mit der eigenmächtigen Änderung der Geschäftsbedingungen den Zorn seiner User zugezogen. Nunmehr rudert das Portal wohl endgültig zurück und stellt eine Neuauflage der "Terms of Service" zur Wahl. Nachdem die Plattform dem Druck von Datenschützern und Nutzern nachgegeben und den Betrieb wieder auf die alten Geschäftsbedingungen umgestellt hatte, findet ganz im Stil von Web 2.0 und Social Communitys bis 23. April ein "Voting" über erneute Änderungen an den Nutzungsbestimmungen statt. Einem Blog-Eintrag des Facebook-CEOs Mark Zuckerberg zufolge basieren die vorgeschlagenen Bedingungen auf Anregungen der User selbst.

"Ich halte diesen Schritt für absolut verwerflich. Damit geht Facebook ins Absurde", meint Hans Zeger, Obmann der Arge Daten, im Gespräch mit pressetext. "Über seine Grundrechte kann man nicht abstimmen", stellt Zeger klar. Ein Hauptproblem bei der AGB-Wahl sei, dass Facebook über keinerlei Mechanismen zur Identitätsfeststellung verfügt. Damit sei nicht bekannt, wer an der Abstimmung teilnimmt. Hinter anonym angelegten Profilen stecken etwa bei Berühmtheiten zumeist nicht die entsprechenden Personen. Zudem besitzen viele User mehrere Accounts, womit die Wahl zur Farce werde. Für eine ernst zu nehmende Abstimmung bedürfe es strenger Regelungen, die die Kompetenzen von Facebook sprengen. "Dabei wird aber deutlich, dass die Plattform über eine äußerst rege Community verfügt, die sich zu wehren weiß. Das versucht Facebook nunmehr für sich zu instrumentalisieren", kritisiert Zeger.

In seinem Blog-Eintrag fordert Zuckerberg die Facebook-Nutzer auf, verschiedene auf der Website verfügbare Dokumente zu begutachten, die Vorschläge zu Änderungen an den Geschäftsbedingungen beinhalten. Wird diesen zugestimmt, sollen alle künftigen Abänderungen an der "Erklärung der Rechte und Pflichten" den gleichen Prozess durchlaufen. Nach einer Benachrichtigung der User erhalten diese die Möglichkeit, die geplanten Neuerungen zu kommentieren. Findet dieser Prozess eine hohe Anteilnahme, könne es künftig zu weiteren Votings kommen. Selbst wenn die neuen AGBs beim aktuellen Wahlgang abgelehnt werden, sollen die Nutzer künftig in den Entscheidungsprozess eingebunden werden und mitbestimmen können, unterstreicht Zuckerberg.

"Vernünftig wäre es, den Usern stattdessen mehr Zuverlässigkeit und ein sicheres Ausstiegszenario zu bieten", betont Zeger. Dem Datenschutzexperten nach hadert die Community mit einem grundlegenden Problem. So handelt es sich bei Facebook um eine Plattform, auf der Menschen versuchen, ihre Identität darzustellen. Dabei könne zwar kein greifbares Produkt wie etwa im Handel, hingegen das aufgebaute Beziehungsgeflecht und Netzwerk des Users zerstört werden. "Eine Gewährleistung, dass dieses Geflecht zumindest für einen gewissen Zeitraum hält, wäre erforderlich", sagt Zeger. In einer schnelllebigen Welt wie dem Web 2.0 sei eine Gewährleistung von sechs Monaten im Vergleich zu den im Handel üblichen zwei Jahren durchaus gerechtfertigt.

Mit der Wahl versucht Facebook nach dem Debakel im Februar, auf dem Portal "demokratische Verhältnisse" herzustellen. Damals hatte sich die rasant wachsende Plattform das Recht vorbehalten, über jegliche Art von Daten frei zu verfügen und diese nach Belieben weiter zu verwenden, selbst wenn sich ein Mitglied längst von dem sozialen Netzwerk abgemeldet hat. Das Wahlergebnis über die neuerliche Abänderung der AGBs gilt als bindend, sobald sich zumindest 30 Prozent der aktiven Facebook-User beteiligen. Angesichts der nach eigenen Angaben mehr als 200 Mio. Nutzer müssten knapp 70 Mio. Nutzer an dem Voting teilnehmen. (pte/mja)