Expertenbericht über Carnivore: Missbrauch möglich

Das US-Justizministerium hat gestern den Bericht eines Expertenteams des IIT Research Instituts (IITRI)über das umstrittene Schnüffelprogramm Carnivore veröffentlicht. Die Forscher kommen zu dem Ergebnis, dass der E-Mail-Spion vom FBI mit richterlicher Genehmigung ausschließlich zur Überwachung von Verdächtigen eingesetzt werde. Bei einer falschen Konfiguration sei aber ein Missbrauch des Tools nicht auszuschließen.

Carnivore (Fleischfresser) kann - wie berichtet - unter Millionen von Mails die elektronische Post eines Verdächtigen ermitteln. Als Hauptkritikpunkt gilt, dass das Programm auf der Suche nach einer Mail Millionen andere überprüft. Auch die Tatsache, dass der E-Mail-Spion direkt in den Netzwerken von Internetprovidern eingesetzt wird, sorgte für einen Proteststurm.

Die Datenschutzorganisation Epic hatte vor Gericht bewirkt, dass alle relevanten Fakten zu Carnivore offen gelegt werden müssen. Um die Datenschützer zu beruhigen, hatte das US-Justizministerium Ende September unabhängige Experten beauftragt, das Schnüffelprogramm auf möglichen Missbrauch zu untersuchen. Der jetzt veröffentlichte Bericht scheint den Datenschützern Recht zu geben.

Demnach liefert Carnivore bei korrektem Einsatz nur die per richterlicher Genehmigung erlaubten Informationen über einen Verdächtigen. Das Tool ist den Forschern des IITRI zufolge auch nicht in der Lage, jeden E-Mail-Account eines Internetproviders zu überwachen oder die Spuren eines einzelnen Surfers im Internet zu verfolgen.

Andererseits stellten die Experten aber fest, dass Carnivore alle E-Mails aufzeichnen kann, die über einen ISP laufen, wenn die Filter falsch konfiguriert werden. Dies sei angesichts der komplizierten Einstellungen leicht möglich. Zudem hat das FBI laut dem Bericht nur unzureichende Vorkehrungen getroffen, um den missbräuchlichen Einsatz des Systems zu vermeiden.

Theoretisch könnte damit jeder FBI-Mitarbeiter mit dem entsprechenden Know-how die E-Mail beliebiger Privatpersonen überwachen. Deswegen sehen sich die Datenschützer durch den Report auch in ihren Befürchtungen bestätigt. "Carnivore lässt erhebliche Eingriffe in die Privatsphäre zu", sagt Epic-Anwalt David Sobel. "Das FBI erhält dadurch Zugang zur Kommunikation von Tausenden unschuldiger Internetnutzer", so Sobel weiter.

FBI-Sprecher Paul Bresson bezeichnete die Sorgen der Datenschützer als "übertrieben", betonte aber, dass die US-Bundespolizei jetzt die Software verbessern werde. Das Ziel: Carnivore soll nur noch die E-Mails des Verdächtigen einer Ermittlung untersuchen, ohne Informationen über alle anderen Personen zu sammeln, deren Mails über den gleichen Internetprovider transferiert werden. Es stellt sich die Frage, warum das FBI dieses Vorhaben nicht schon beim Start des "Fleischfressers" in die Tat umgesetzt hat. (jma)