MWC: Das Internet of Things ist da

Eine Woche MWC - wir ziehen ein Fazit

Mit über 80.000 Besuchern zählt der Mobile World Congress zu den wichtigsten Messen Europas. Unsere Redakteure ziehen nach einer Woche Messe Bilanz und bewerten die aus ihrer Sicht wichtigsten Dinge.

Jürgen Hill, Teamleiter Technologie

Jürgen Hill
Jürgen Hill
Foto: Joachim Wendler

Abseits von neuen Smartphones und anderen Gadgets hatte der MWC 2015 eine klare Botschaft: IoT ist da und passiert jetzt. Eine Botschaft, die sich vor allem die Reichsbedenkenträger in Deutschland vor Augen halten sollten, denn die Zeiten des Philosophierens über IoT auf der metaphysischen Ebene sind vorbei. Will Deutschland nicht den Anschluss verpassen, dann ist jetzt Handeln gefragt, denn sonst werden wir in zwei bis drei Jahren aufwachen und feststellen, dass uns andere Volkswirtschaften gnadenlos abgehängt haben. Und die Umwälzungen, die mit dem IoT auf uns zukommen, werden einer Eruption gleichen.

Ein Vorgeschmack darauf gaben bereits erste Aussteller auf dem MWC, die ihre Business-Modelle umstellen. Zum einen, indem sie neue Prozessketten ankündigten, zum anderen indem sie immer mehr auf Provisioning-Modelle setzen bei denen der Kunde nach Bedarf und Nutzung bezahlt. Nichts neues, denn dies ist in der Cloud bereits usus - doch nun zieht dieses Modell auch in anderen Branchen ein.

Wer diese Wende nicht schafft und neue Einnahmequellen kreiert, wird wohl bald von der Bildfläche verschwinden. Denn eins zeigte der MWC 2015 auch überdeutlich. Die chinesischen Wettbewerber drängen mit aller Macht auf den Markt. Und dabei ist ihr Motto Klotzen statt Kleckern. So erinnerten ihre Messestände an die Hochzeiten der CeBIT, als noch Hersteller wie Siemens Nixdorf mit großen Messepalästen auftraten. Und man muss kein großer Pessimist sein, um zu prognostizieren, dass sie den einen oder anderen derzeit etablierten Smartphone-Hersteller in absehbarer Zeit aus dem Markt drängen werden.

Christian Vilsbeck, Senior Editor im Team Technologie

Christian Vilsbeck
Christian Vilsbeck

Geht es nur um Smartphones und Tablets, so haben die Hersteller auf der MWC erwartungsgemäß geliefert. Ja, ein Samsung Galaxy S6 edge ist ein wirklich schönes und edles Gerät geworden, noch einen weiteren Plastikverschnitt hätten sie sich aber auch nicht leisten können. Allerdings könnte der hohe Preis dem Erfolg im Weg stehen. Auch das Sony Xperia Z4 Tablet sticht etwas aus dem Einerlei heraus, mehr aber auch nicht. Doch abseits dieser beiden Gerätegattungen ging auf dem MWC das Thema Sicherheit ab; einschließlich der neuen Kategorien Wearables und Internet der Dinge.

Viele Anbieter im Bereich Mobile Security haben schon Antworten oder gar fertige Produkte, um auch hier besorgte Gemüter zu beruhigen - egal ob im heimischen Netzwerk oder im Unternehmen. Und doch nochmals zurück zu den Smartphones: Intel hat eine neue Atom-Serie mit integrierten Mobilfunk vorgestellt, um endlich nach all den Jahren im Massenmarkt der günstigen Smartphones erfolgreich zu werden. Diesmal könnte es klappen, Intel konnte bereits 20 Hersteller für Designs mit dem neuen Atom gewinnen. Mit seinen Security-Lösungen für mobile Geräte ist Intel schon auf dem Vormarsch. Nach dem LG G3 ist auch bei Samsungs neuem Galaxy S6 Intels "McAfee VirusScan Mobile" vorinstalliert. Ebenso wandert die Lösung in erste Smartwatches.

Auffällig war auf der Messe, dass nicht nur die Wichtigkeit der Verschlüsselung des mobilen Datenverkehrs hervorgehoben wurde, sondern auch die Sprache nicht offen durch die Netze hallen sollte - schließlich lässt sich mit Smartphones ja auch noch telefonieren. Neben der nun verfügbaren Secure Call App von Vodafone und Secusmart hat auf der MWC auch die Telekom eine Sprachverschlüsselungs-App präsentiert. In einigen Gesprächen auf der Messe kam auch heraus, dass das obere Management von Unternehmen viel Wert auf die Einführung sicherer Lösungen bei der Nutzung von Smartphones und Tablets bei den Mitarbeitern legt. Aber: Die eigenen Geräte werden dann doch gerne wieder mit "Schlupflöchern" genutzt, weil ungern beispielsweise auf die privaten Lieblings-Apps verzichtet wird - auch wenn diese nicht in das Sicherheitskonzept passen.

Und die Messe führt einem nicht das erste Mal vor Augen, wie sehr der Mobile World Congress inzwischen von den Automobilherstellern genutzt wird, um deren technologischen Fortschritte zu zeigen. Und man ist dann doch beeindruckt, dass die Connected Cars inzwischen schon Realität sind. Es gibt Fahrzeuge, die nutzen jetzt Cloud-Services, wie der neue Fiat 500X. Auch sich gegenseitig warnende Automobile, die ebenfalls über eine zentrale Cloud kommunizieren, sind nach dem von Volvo angekündigten Großversuch wohl schon in wenigen Jahren ganz normal. Wenn es um das Thema Vernetzung geht, ist das Internet der Dinge und M2M nicht weit weg. In diesem Kontext hat der Mobile World Congress gezeigt, wie sehr gerade große Firmen wie Panasonic die Chance nutzen, ihre bisher für sich stehenden Geräte künftig zu vernetzen und den Kunden damit einen Mehrwert bieten zu können - und für sich natürlich neue Geschäftsmodelle zu generieren.

Manfred Bremmer, Redakteur im Team Technologie

Manfred Bremmer
Manfred Bremmer
Foto: Joachim Wendler

Auf der Mobilfunkmesse in Barcelona konnte man sich anhand zahlreicher Demos und Tests einen ersten Eindruck verschaffen, welches Potenzial in dem LTE-Nachfolger 5G steckt, der voraussichtlich ab 2020 in den kommerziellen Betrieb gehen soll. Voraussichtlich deswegen, weil zur Realisierung der anvisierten Bandbreite im Gigabit/s-Bereich nicht nur passende Frequenzbereiche freigemacht werden müssen, sondern weil auch die Infrastruktur - nicht nur in ländlichen Gebieten - stark ausbaubedürftig ist.

Das Problem, dass es bislang kaum realistische Anwendungsszenarien für 5G gebe, dürfte im Vergleich dazu eher nachrangig sein. Falls die Prognosen zum Internet der Dinge halbwegs zutreffen, müssen sich in den relativ kleinen 5G-Netzen als Shared Medium neben Smartphones, Tablets und auch Hunderte oder womöglich gar Tausende vernetzte Devices die Bandbreite teilen. Was für den einzelnen Nutzer dabei übrig bleibt, kann man bereits heute in LTE-Netzen in der belebten Innenstadt oder auf Großveranstaltungen beobachten.

Interessant waren auch die auf der Messe zu gezeigten Entwicklungen im Bereich Enterprise Mobility Management (EMM). Praktisch alle führenden Anbieter wagen inzwischen den Blick nach vorne und befassen sich neben klassischen Mobilgeräten auch mit Wearables und - natürlich - dem Internet der Dinge. Diese Strategie ist schön und zukunftsweisend, allerdings nur, solange sie daneben auch ihre Hausaufgaben machen. Wie jüngste Fälle gezeigt haben, werden aber potenzielle Sicherheitslücken nach der Entdeckung nur zögerlich geschlossen und in bunten Marketing-Präsentationen versprochene Features lediglich halbherzig in den Systemen umgesetzt. Klar positiv zu bewerten sind dagegen die konzertierten Bemühungen, mit Android for Work oder dem von EMM-Anbietern unterstützten Samsung Knox das Google-Betriebssystem endlich business-tauglich und somit zu einer ernstzunehmenden iOS-Alternative zu machen.

Zum Sorgenkind entwickelt sich dagegen Blackberry. Die Kanadier hatten dieses Jahr außerhalb der Messemauern in einer Büroetage Quartier bezogen, was man ihnen angesichts der horrenden Standgebühren aber keineswegs übel nehmen kann. Schwieriger ist es mit den von dort kommenden Ankündigungen. So deutet sich unter der Führung von John Chen nun ein riskanter Strategieschwenk in Richtung Software an, der nicht unbedingt ein gutes Ende nehmen muss.

Dass Chen und Blackberry das Hardwaregeschäft nicht mehr allzu sehr am Herzen liegen, dokumentiert nicht zuletzt der lieblos aufgefrischte Z30-Nachfolger "Blackberry Leap". Außerdem sollen mit WorkLife, der Hochsicherheitslösung Secusuite und nicht zuletzt der Blackberry Experience Suite Komponenten auch für konkurrierende Plattformen bereitgestellt werden, die das Alleinstellungsmerkmal von Blackberry 10 dargestellt hatten.