PRISM

Echtzeitüberwachung auch in Deutschland?

Umfang der Überwachung unbekannt

Der Umfang der Kommunikationsüberwachung durch die deutschen Geheimdienste ist allerdings weitgehend unbekannt. Denn Informationen hierzu werden zum Schutz der Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland nur selten veröffentlicht. Die Geheimdienste werden aber durch das Parlamentarische Kontrollgremium kontrolliert, indem einzelne Bundestagsabgeordnete Einblick in die Tätigkeiten erhalten.

Informationen über diese Tätigkeiten sind zum Teil durch eine kleine Anfrage der Fraktion "Die Linke" im Mai 2012 bekannt geworden: Die Telekommunikationsdienstleister stellen an einem Übergabepunkt eine Kopie der Telekommunikation zur Verfügung, auf die der BND zugreifen kann. Die "Treffer" des jeweiligen Suchlaufs werten Mitarbeiter des BND aus. Stellen sie keine Relevanz fest, werden die Daten gelöscht. Dabei stellt die Verschlüsselung der Inhalte kein ernsthaftes Hindernis dar, denn die eingesetzte Technik soll auch auf verschlüsselte Inhalte zugreifen können. Der Erfolg dieser Maßnahmen ist jedoch zweifelhaft. So sollen aus 37 Millionen überwachten E-Mail- und Datenverbindungen lediglich 213 Fälle verwertbarer Informationen für den Geheimdienst entstanden sein.

Standortermittlung des Mobiltelefons

Doch nicht nur die Geheimdienste, sondern auch andere Behörden der Bundesrepublik Deutschland können offen oder verdeckt auf Benutzerinformationen zugreifen. Beispielsweise erfolgt häufig eine Ermittlung von IP-Adressen aufgrund staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen zur Aufklärung von Straftaten im Internet. Auf Anfrage der Staatsanwaltschaft und nach richterlicher Anordnung nennen die Telekommunikationsdienstleister den jeweiligen Anschlussinhaber. Über das Handy lässt sich zudem der Standort ermittelt, um Personen aufzuspüren. Auch wenn steuerrelevante Daten elektronisch aufbewahrt werden, müssen die Finanzbehörden elektronischen Zugriff auf diese Systeme erhalten. Hierfür wird (abhängig von den Zugriffsarten Z 1 - Z 3) eine Schnittstelle zu den Datenverarbeitungssystemen der Unternehmen eingerichtet, über die Finanzbehörden auf die Informationen zugreifen können.

Diese Beispiele zeigen, dass die Überwachung von Kommunikations- und Benutzerinformationen im Internet nicht ein rein amerikanisches Phänomen ist. Auch deutsche Behörden setzen ähnliche Methoden ein. Solange die Behörden im Rahmen der geltenden Gesetze handeln, lässt sich daran aber nichts beanstanden. (tw)

Michael Rath ist Fachanwalt für IT-Recht und Partner der Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH mit Sitz in Köln. Christian Kuß hat sich als Rechtsanwalt auf IT- und Datenschutzrecht spezialisiert.

Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag der TC-Schwesterpublikation COMPUTERWOCHE.