PRISM

Echtzeitüberwachung auch in Deutschland?

Auch in Deutschland ist unter bestimmten Bedingungen die Überwachung der Bürger möglich. Welche Gesetze hierbei greifen, erörtern die beiden Rechtsanwälte Christian Kuß und Michael Rath in einem Gastbeitrag.

Die Enthüllung des Überwachungsprogramms PRISM der National Security Agency (NSA) durch Edward Snowden hat die Diskussion über die Tätigkeit der Sicherheitsbehörden sowie den Schutz von Bürgerrechten im Internet erneut entfacht. Über PRISM soll die NSA im beträchtlichen Umfang auf Benutzerdaten großer Internetkonzerne wie Google, Microsoft und Facebook zugreifen können. Zudem soll die US-Sicherheitsbehörde in Echtzeit auf Daten von E-Mails, Messenger oder Internettelefonie Einblick erhalten haben.

Der tatsächliche Einsatz ist unklar und wird es aufgrund der sicherheitspolitischen Bedeutung der Geheimdienste wohl auch bleiben. Die großen Internetkonzerne dementierten jedenfalls, dass die NSA direkt auf ihre Server zugreifen und die gespeicherten Nutzerinformationen einsehen kann. Zudem beteuern sie, Nutzerinformationen nur im gesetzlichen Rahmen an die Sicherheitsbehörden weiterzugeben.

Geltendes Recht in Deutschland

Der Vorfall gibt jedoch Anlass, die Tätigkeiten der deutschen Sicherheitsbehörden zu hinterfragen. Nachdem die Einführung technischer Überwachungsmaßnahmen, wie etwa dem "Bundestrojaner" oder der Vorratsdatenspeicherung, vom Bundesverfassungsgericht gestoppt wurden, lassen sich die Ermittlungsbefugnisse aus den bestehenden Gesetzen ableiten. Danach erhalten deutsche Geheimdienste und Sicherheitsbehörden unter bestimmten Voraussetzungen Zugriff auf Benutzerinformationen und die Kommunikation im Internet.

Dem Bundesnachrichtendienst (BND) steht zur Telekommunikationsüberwachung die sogenannte "strategische Fernaufklärung" zur Verfügung. Rechtsgrundlage ist das "Artikel-10-Gesetz", welches das Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis unter Umständen einschränkt und durch Artikel 10 Grundgesetz gewährleistet wird. Der BND ist berechtigt, internationale Telekommunikationsbeziehungen zu überwachen und aufzuzeichnen. Dies setzt aber eine Gefahr für die Bundesrepublik Deutschland voraus. Hierunter fallen zum Beispiel Terrorabwehr, organisierte Kriminalität und Waffenhandel.

Der Bundesnachrichtendienst darf auf Grundlage des "Artikel-10-Gesetzes" internationale Handy- und Internetverbindungen anzapfen.
Der Bundesnachrichtendienst darf auf Grundlage des "Artikel-10-Gesetzes" internationale Handy- und Internetverbindungen anzapfen.
Foto: BND Alexander Obst/Marion Schmieding

Zusätzlich muss die Überwachung auf internationale Kommunikationsbeziehungen Zweck der Auslandsaufklärung sein, so dass innerdeutsche Sachverhalte von der Rechtsgrundlage nicht erfasst werden. Der BND darf somit Telekommunikationsdienstleister auffordern, Zugriff auf die entsprechenden Informationen zu gewähren. Die Datenbestände werden auf bestimmte Schlagworte durchsucht und die Treffer werden hinterher ausgewertet.