Echtzeitdienste sind keine Fiktion

Über das Thema "Quality of Service" in IP-Netzen ist eine heftige Diskussion entbrannt. Mit "Diff-Serv" und "Int-Serv" stehen sich gegenwärtig zwei Ansätze gegenüber, die jedoch zusammengeführt werden sollen.

Von: Axel Clauberg

In seinem Buch "Quality of Service", das er zusammen mit Geoff Huston geschrieben hat, bezeichnet Paul Ferguson QoS als "Elusive Elephant" (nicht fassbaren Elefanten). Er umschreibt damit, dass je nach Sichtweise unter QoS unterschiedliche Dinge verstanden werden. Zwar möchte jeder Servicequalität haben, doch für einen Teil der Fachwelt stellt QoS im Zusammenhang mit IP einen Widerspruch an sich dar, für andere Experten ist eine bestimmte Dienstgüte in IP-Netzen nur in Zukunft oder bestenfalls mit IPv6 zu erreichen. Eine dritte Fraktion wiederum vertritt die Meinung, dass Servicequalität in IP-Netzen bereits Realität ist.

Eine bestimmte Dienstqualität im Netz lässt sich provozierend auch als "gemanagte Unfairness" bezeichnen, denn einige Anwendungen werden zu Ungunsten anderer bevorzugt, etwa dann, wenn Engpässe bei bestimmten Ressourcen auftreten. Servicequalität ist ein Paradebeispiel für einen Netzdienst, der durchgehend ("Ende zu Ende") in LANs und Weitverkehrsnetzen angeboten werden muss. Viele Anwender konzentrieren sich zunächst darauf, das Weitverkehrsnetz QoS-tauglich zu machen, indem sie dort Bandbreitenengpässe beseitigen. Dazu rüsten sie die entsprechenden Systeme hoch oder setzen Leitungen mit höherer Bandbreite ein. Anschließend wird das lokale Netz angepasst.

Im Rahmen der "Internet Engineering Task Force" (IETF) diskutierten bereits Anfang der neunziger Jahre Fachleute darüber, wie das damals fast 20 Jahre alte "Best-Effort-Verfahren" zur Weiterleitung von IP-Paketen für Anwendungen mit besonderen Serviceanforderungen erweitert werden könnte. Diese Frage stellte sich erstmals im Zusammenhang mit Multimediadiensten, konkret der Übertragung der IETF-Meetings mit Hilfe der IP-Multicast-Technik. Der Versuch, das Problem durch eine stets ausreichende (also unendliche) Bandbreite zu lösen, scheiterte. Das exponentielle Wachstum des IP-Verkehrsvolumens führte bislang alle derartigen Bemühungen ad absurdum.

Die IETF hat mittlerweile zwei Ansätze entwickelt, mit deren Hilfe sich eine Quality of Service in IP-Netzen sicherstellen lässt:

- "Integrated Services" (Int-Serv): Bei diesem Verfahren werden im Netz Ressourcen pro Verbindung reserviert. Ein Endsystem verwendet in den meisten Fällen das "Resource Reservation Protocol" (RSVP), um die gewünschten Verkehrsparameter mitzuteilen. Einen bestimmten Zustand pro Verbindung im ge-samten Netz herzustellen und aufrechtzuerhalten, schränkt allerdings die Skalierbarkeit ein. Das Protokoll eignet sich daher hauptsächlich für Anwendungen mit einer überschaubaren Zahl von Verbindungen. Zu dieser Kategorie zählen Multimedia-Applikationen oder Multicast-Gruppen. Eine Internet-weite Nutzung war nicht angedacht.

- "Differentiated Services" (Diff-Serv): Bei differenzierten Services sind die Verbindungen in Klassen aufgeteilt. Ressourcen im Netzwerk werden nicht pro Verbindung, sondern für eine bestimmte Klasse reserviert. Dadurch lässt sich die Servicequalität nicht so fein abstufen wie bei Int-Serv oder in einem ATM-Netzwerk. Andererseits hat sich dieser eher "hemdsärmelige" Ansatz als deutlich besser skalierbar erwiesen.