Dramatische Gewinneinbußen bei Novell

Für das gerade beendete Geschäftsjahr 2000 weist Novell in seiner Bilanz eine Gewinneinbuße von knapp 75 Prozent gegenüber dem Vorjahr aus. Statt 191 Millionen US-Dollar kann Big Red dieses Jahr nur 49 Millionen auf der Haben-Seite verbuchen. Allein im vierten Quartal - bei Novell erfahrungsgemäß das stärkste des Jahres - sank der Umsatz um 21 Prozent.

Vor allem der Absatz des Netzwerkbetriebssystems Netware an kleine und mittlere Unternehmen bereitet Novell Kopfschmerzen: Hier gingen die Verkäufe 1999 um 47 Prozent oder satte 243 Millionen US-Dollar zurück - was umgerechnet über eine halbe Milliarde Mark ausmacht. So spricht denn CEO Eric Schmidt auch von "dramatischen Einbrüchen" in diesem Bereich. Und Novell-Finanzchef Dennis Raney hat auch schon einen Sündenbock ausgemacht: Die wirtschaftlich schwächelnden Europäer hätten wieder einmal ein Drittel ihres Umsatzes eingebüßt, wetterte Raney. Verluste durch den wackligen Euro kämen außerdem hinzu.

Lediglich im Großkunden- und OEM-Geschäft kann Novell derzeit so richtig punkten. Aus diesem Bereich schöpft das Unternehmen inzwischen 65 Prozent seiner Umsätze, im Geschäftsjahr 2000 allein 750 Millionen US-Dollar. Der Absatz von Novells neuen Lieblingskindern, den Net-Services wie eDirectory, DirXML oder Novell Internet Caching System, läuft allerdings nur zäh an. Dennoch will Novell in 2001 ganz auf diese Produktsparte setzen, und Eric Schmidt legt sich bereits fest: "Novells zukünftiges Geschäft basiert auf den Net-Services, die einen Mix-and-Match aus traditionellen und neuen Internet-basierten IT-Ressourcen zu eBusiness-Lösungen integrieren."

Ein echtes Licht am Ende des Tunnels zeigt sich vorerst allerdings noch nicht: Im Geschäftsjahr 2001 stehen zunächst einmal größere Investitionen in Novells Content Exchange Services für Internetprovider an. Sie werden vor allem das üblicherweise ohnehin schwache erste Quartal belasten.

Allmählich erinnert die Entwicklung des einst führenden NOS -Anbieters Novell immer mehr an das Schicksal des früheren Konkurrenten Banyan. Dessen verbreitetes Netzwerkbetriebssystem Vines verschwand ab Mitte der neunziger Jahre immer mehr in der Mottenkiste, bis Anfang 2000 hielt man sich dort noch bei Großkunden mit dem Verzeichnisdienst StreetTalk über Wasser. Inzwischen hat Banyan alle Produktlinien eingestellt und firmiert nun als eBusiness-Integrator ePresence. (jlu)