Die Referenz

Mit dieser Folge startet gateway die angekündigten Servertests. Klar, daß wir zum Debüt die Referenzmaschine vorstellen: die Enterprise 250 von Sun Microsystems.

Das Anwendungsspektrum der Abteilungsserver reicht vom einfachen Workgroup-Server bis hin zum Zentralrechner großer, gelegentlich sogarräumlich verteilter Abteilungen in internationalen Firmen. Aufgrund ihres Leistungsprofils eignen sich diese Systeme aber auch ideal als universelle Intranet- und Internet-Plattform. Aus diesem Grund starten wir mit dieser Ausgabe Testberichte typischer Abteilungsserver in lockerer Folge.

Wir wollen die Probanden auf ihre Belastbarkeit für verschiedene Anforderungsprofile sowie allgemeine servertypische Eigenschaften hin untersuchen. Hierbei dient ein Referenzserver als Vergleichsnormal, dem sich alle nachfolgenden Rechner stellen müssen. Im Mittelpunkt des Interesses wird dabei die reine Systemleistung genauso stehen wie die Performance ausgewählter Serverdienste der standardmäßig mitgelieferten Software sowie vielfach unterschätzte, aber im praktischen Betrieb häufig entscheidende Aspekte hinsichtlich Mechanik, Modularität und Wartbarkeit.

Die Systemleistung testen wir mit eigens erstellten Benchmarks. Um den Vergleich dauerhaft zu ermöglichen und die Software-Testsuite ständig zu erweitern, verbleibt die Referenz im Testlabor.

Betrachen wir zunächst die Hardware. Beim Enterprise 250 findet der Anwender all die "inneren Werte", die einen Server ausmachen. Das gesamte System ist elektrisch und mechanisch modular aufgebaut und läßt sich sehr flexibel konfigurieren. Prinzipiell lassen sich ein oder zwei Ultrasparc-II-Prozessoren integrieren. Der Hauptspeicher nimmt bis zu 2 GByte auf und ist per Error Correction Code (ECC) vor Fehlern geschützt. Das Referenzmodell im gateway-Testlabor bewegt sich mit zwei 300-MHz-Prozessoren und 512 MByte Hauptspeicher im oberen Drittel des Konfigurationsbands.

Der eingesetzte Ultrasparc-II-Prozessor stellt die zweite Generation dieser CPU-Familie dar. Neu ist unter anderem die Multiprozessorunterstützung. Ohne viel Zusatzlogik lassen sich bis zu vier Prozessoren koppeln. Unter dem Namen "Visual Instruction Set" (VIS) hat Sun einen Satz neuer Befehle entwickelt, die ähnlich den MMX-Komandos besonders für Multimediaanwendungen gedacht sind. Auf dem Chip sind vier Integer-, drei Gleitkomma- sowie eine Grafik-Unit mit zwei unabhängigen Pipelines zur parallelen Verarbeitung der Befehle integriert.

Der Enterprise 250 bietet vier PCI-Steckplätze. Da jede PCI-Karte einen passenden Solaris-Treiber benötigt, reduziert sich das riesige Kartenangebot am Markt auf ein überschaubares Maß ausgewählter Produkte. Hier haben Intel-basierende Server die Nase vorn, weil sie deutlich mehr Karten unterstützen.

Zuverlässigkeit als Konstruktionsprinzip

Für den Einsatzzweck als "Dauerläufer" absolut essentiell sind Merkmale wie ein Hot-Swap-Doppelnetzteil, unabhängige Datenwege, eingebauter Service-Prozessor und Hot-Plug-Festplatten mit Raid-Support.

Von vorne über eine abschließbare Tür direkt erreichbar sind die bis zu sechs Festplatten, die je nach Konfiguration einzeln oder in einem Raid-Verbund (Raid 0, 1, 0+1 oder 5) arbeiten. Hierbei erlaubt die Managementsoftware "Solstice" auch Hot Spares, die bei Bedarf den Platz eines ausgefallenen Laufwerkes einnehmen. Die einzelnen Laufwerke werden bei einer Raid-Konfiguration als virtuelle "Meta-Devices" behandelt, welche sich aus Sicht des Betriebssystems nicht von einem physikalischen Laufwerk unterscheiden.

Unterstützung für"24/7"-Betrieb

Nicht ideal gelöst ist der Anschluß des optional erhältlichen Backup-Device, denn dieses hängt wie auch das CD-ROM-Laufwerk am gleichen internen SCSI-Bus. Zudem arbeitet es noch als "Narrow-SCSI"-Device. Das hat den Nachteil, daß etwa bei Backup-Läufen der gesamte SCSI-Bus zum Teil sehr spürbar gebremst wird.

Von hinten sind alle Schnittstellen sowie die Stromversorgung zugänglich. Optional arbeiten zwei unabhängige Netzteile parallel, wobei sich beide über einen passiven Stromverteiler die Arbeit teilen. Fällt ein Netzteil aus, so kann man dieses im laufenden Betrieb austauschen, während das andere die gesamte Last übernimmt.

Normalerweise sollte ein Serversystem im "24/7"-Betrieb ohne jegliche Unterbrechung laufen. Das Monitoring der wichtigsten Hardware-Systemparameter ist dabei besonders wichtig, damit der Administrator rechtzeitig über aufziehende dunkle Wolken informiert ist. An kritischen Stellen haben die Entwickler daher Temperatursensoren angebracht, deren Meßwerte sich entweder über die Firmware oder über das Betriebssystem abfragen lassen.

Fällt eine wichtige Komponente im Betrieb aus, so kann die Firmware-Funktion "Automatic System Recovery" (ASR) den Schadensgrund in manchen Fällen isolieren; der Rest des Systems läuft trotzdem weiter. Hierzu blendet ASR die fehlerhafte Komponente während der automatisch eingeleiteten Boot-Phase mit der Kennung "failed" oder "disabled" aus, so daß Solaris den entsprechenden Treiber nicht lädt.

Ebenfalls auf Firmware-Ebene steht ein weiteres Diagnosepaket zur Verfügung: "OB Diag" (Open Boot Diagnostics) kann auf Wunsch die wichtigsten Systemkomponenten sowie alle relevanten Schnittstellen näher unter die Lupe nehmen.

Im Vergleich zu PC-basierenden Serverprodukten hat die Sun-Lösung eindeutig die Nase vorn, denn nur durch eine geeignete und leistungsfähige Firmware läßt sich ein Systemfehler untersuchen, ohne daß man hierzu das dann oft nicht mehr startbare Betriebssystem zu Rate ziehen muß.

Installation und Konfiguration

Das Testsystem wurde als puristische Serverstation ohne eigene Grafikkarte geordert. Die Installation und Konfiguration des Systems erfolgte mit Hilfe eines normalen PC via Terminalemulation sowie mit Hilfe eines Java-fähigem Web-Browsers über das lokale Netzwerk. Das geht recht flott; wer das System nicht auch für typische Desktop-Aufgaben nutzen will, kann das Geld für die teure Grafikkarte getrost für ein Backup-System oder mehr Speicher anlegen.

Nachdem der Benutzer einige grundlegende Informationen zum System wie die eigene IP-Adresse eingegeben hat, kann er auf eine Web-basierte Installation über das lokale Netz umsteigen. Nach Eingabe eines Paßworts über das lokale Terminal kann er damit über einen Java-fähigen Browser einen wichtigen Teil der Installation durchführen. Im Vergleich zu älteren Solaris-Versionen, einigen aktuellen Konkurrenzprodukten sowie den Linux-Distributionen sammelt die komfortable "Web- Start"-Installation an dieser Stelle Pluspunkte. Nachdem man einen Browser auf die URL des neu ins Netzwerk integrierten Servers "losgelassen" hat, führt ein Java-Applet durch die Konfiguration des gesamten Systems. Hierzu gehört die Auswahl der zu installierenden Software (Betriebssystem-Footprint, Tools, Dienstprogramme, Dokumentationen), der gewünschten Serverprodukte sowie der Konfiguration des Dateisystems. Da Web Start auf Grund der ausgewählten Software-Konfiguration auf den benötigten Speicherplatz, etwa für die root-Partition, schließen kann, ist diese Art der Benutzerführung theoretisch ideal. Zuerst installiert das Skript die ausgewählte Solaris-Systemumgebung. Es folgen Dokumentationen, Supplements sowie die ausgewählten Serverpakete. Der gesamte Vorgang dauert vom ersten Boot-Vorgang über das Open-Boot-PROM bis zur vollständigen Installation etwa zwei bis drei Stunden. Danach ist der Server im Netz und kann gemäß dem Einsatzgebiet weiter konfiguriert werden.

Je mehr Anwender auf einen Server zugreifen müssen, um so wichtiger ist für den Systemadministrator eine Möglichkeit, das System lokal und remote zu verwalten. Der Hersteller stellt unter Solaris für die eigene Hardware unter anderem das Paket "Sun VTS" zur Verfügung, welches einen Systemcheck durchführt und die Ergebnisse grafisch oder über TTY zur Verfügung stellt.

Solaris 7

Als Betriebssystem werkelt mit Solaris 7 das Sun-eigene Unix-System auf SVR5-Basis. Im täglichen Einsatz sehr praktisch ist der Umstieg auf die UFS-Protokollierung (UFS = Unix File System) aller Dateioperationen. Bevor irgendwelche Daten auf die Festplatte losgelassen werden, speichert das UFS-System die Transaktion in einer Protokolldatei ab. Damit ist eine deutlich erhöhte Konsistenz der Dateisysteme zu erzielen. Unnötige und zeitintensive Dateisystemchecks entfallen. Zudem unterstützt UFS Dateigrößen von mehr als 2 GByte (sehr wichtig für Datenbanken und ein großes Linux-Problem).

Weitere Neuerungen betreffen den LDAP-Support (LDAP = Lightweight Directory Access Protocol), dynamische Treiber-Neukonfigurierung im Hot-Plug-Betrieb sowie Verbesserungen bei der Benutzeroberfläche CDE, dem JDK oder RPC. In der nächsten Ausgabe stellen wir die mitgelieferte Systemsoftware näher vor. (ch)