Verantwortung war gestern

Die Jungen sind führungsmüde

Fachkarriere als Ausweg

Dass Fachkarriere das Zauberwort ist, ergab auch die Umfrage der Personalberater: Führungskräfte in Deutschland befürworten Fachkarrieren. Knapp 20 Prozent der Befragten gaben an, dass dies ein sehr geeigneter Weg sei, um der "Führungsmüdigkeit" etwas entgegenzustellen und 55 Prozent hielten dies zumindest für ein geeignetes Instrument. "Die Fachkarriere bietet Menschen die Chance, eine Karriere zu durchlaufen, ohne dass sie Personalverantwortung übernehmen müssen - das will ja nicht mehr jeder", sagt Schultheis.

"Mir macht es zum Beispiel sehr großen Spaß, Mitarbeitern auch Impulse zu geben", sagt der CIO. Auch, wenn dies zeitraubend sei. Vielleicht ist auch der Faktor Zeit eine mögliche Erklärung für die Führungsmüdigkeit: Immer stärker möchten sich Manager Zeit für ihr Privatleben und die Familie nehmen. "Eine ausgeglichene Work-Life-Balance ist deutschen Managern sehr wichtig", heißt es in der Umfrage - doch wer Personalverantwortung Ernst nimmt, verbringt viel Zeit mit den Mitarbeitern.

Neue Organisations-Strukturen

Um Fachkarrieren in Unternehmen zu ermöglichen, braucht es Kreativität und Mut. Wie eine Fachkarriere im Unternehmensalltag aussehen kann, beschreibt Schultheis: "Dafür müssen alte Strukturen aufgelöst werden." In seinem Unternehmen kämen häufig Projekt-Manager zum Einsatz. "Es ist auch möglich, Projekt-Manager ohne Linienkompetenz zu sein." Die Spezialisten würden wegen ihrer fachlichen Expertise dringend gebraucht: "Wir fahren so viele Projekte. Ohne sie würde es nicht laufen", erklärt er.

Die Fachkarriere bietet einen Ausweg aus dem Dilemma.
Die Fachkarriere bietet einen Ausweg aus dem Dilemma.
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Ganz ohne Führungskompetenz läuft freilich kein Unternehmen rund: Die Personalentwicklung hat der jeweilige Linien-Manager inne, er führt auch die Mitarbeitergespräche. Der Projekt-Manager, erzählt Schultheis, habe thematisch und fachlich Verantwortung für seinen abgeschlossenen Bereich, in Personalbelangen aber nicht. "Das muss von beiden Seiten akzeptiert werden, da darf es keine Diskussionen geben." Um die verschiedenen Karriereschritte voneinander abzugrenzen, hätten sie neue Bezeichnungen eingeführt, erklärt Randstad-CIO Schultheis. "Wer weiter aufsteigt, wird zum Senior und dann zum Chief Project Manager."

Vorbildrolle

Ganz auf die Technik konzentrieren können sich Projektmanager allerdings auch nicht. "Sie müssen auch eine gute soziale Kompetenz aufweisen und sehr gut spüren können, wann die Teamkollegen wo abgeholt werden müssen", sagt Schultheis. Die emotionale Komponente dürfe auch in Fachkarrieren nicht vernachlässigt werden. "Unsere Projektmanager haben auch eine Vorbildfunktion. Das darf man nicht unterschätzen", warnt der CIO. Schließlich zeigten sie am lebenden Objekt die Karriere-Möglichkeiten, die ein Unternehmen bieten kann.

Aus diesem Konzept der Fachkarriere ergibt sich eine spannende Konstellation: "Die Hierarchien sind bei uns in den Teams interessant", sagt Schultheis. So komme es vor, dass ein Team-Manager einen Mitarbeiter führe, der eigentlich in der Hierarchie viel höher angesiedelt sei. So berichte beispielsweise ein Grad 9-Manager an einen Manager mit Grad 6. In alten Strukturen unmöglich - in Fachkarrieren Alltag. "Sonst müssten unsere Experten stets an den Direktor berichten, wenn wir die alten Linien noch einhielten", erklärt Schultheis.