Nicht smart genug?

Deutsche Unternehmen mit Nachholbedarf bei „Industrie 4.0“

"Smart Factory" bringt Qualitätsgewinn

Allerdings werden nicht nur die Kosten, sondern auch die Umstellungseffekte von vielen Unternehmen in der Planungsphase offenbar falsch eingeschätzt. Dies legen die Studienergebnisse zumindest nahe: Während gut 40 Prozent der Betriebe in der Planungsphase auf Umsatzsteigerungen hoffen, ist dieser Aspekt nur für 28 Prozent der Unternehmen mit einer "Smart Factory" wesentlich. Von den Betrieben, die bereits Erfahrungen mit der vernetzten Fabrik haben, steht für die meisten (52 Prozent) die Qualitätssteigerung im Vordergrund - von den "Planern" sagen dies nur 29 Prozent.

Die vergleichsweise hohe Diskrepanz zwischen erwarteten und tatsächlichen Effekten lässt auch auf Defizite in der Planungsphase schließen. Anscheinend ist nicht immer klar, welche Ziele durch die Vernetzung erreicht werden sollen bzw. können. Wie "smart" eine "Smart Factory" tatsächlich ist, hängt jedoch nicht von "High-Tech" allein ab: Auch im vierten industriellen Zeitalter gilt, dass das technisch Mögliche nicht zwingend das betriebswirtschaftlich Optimale ist.

"Industrie 4.0" muss Sicherheit und Offenheit verknüpfen

Eine nicht zu unterschätzende Herausforderung bei der Einrichtung einer"Smart Factory" ist die Gewährleistung der Informations- und auch Produktionssicherheit. Immerhin jedes fünfte Unternehmen, das seine Produktion bereits vernetzt hat, sieht hier erheblichen Handlungsbedarf. Einerseits basiert das Prinzip der "Smart Factory" auf offenen Schnittstellen, andererseits muss gewährleistet sein, dass insbesondere externe Partner nur die Daten bekommen, die sie bekommen dürfen. Wichtiger noch als Vorkehrungen gegen Daten- oder Patentdiebstahl ist allerdings der Schutz der Produktionsumgebung.

In vernetzten Systemen könnten beispielsweise Hacker die Maschinensteuerung im laufenden Betrieb beeinflussen, um falsche Abrechnungen oder fehlerhafte Bauteile zu erzeugen. Eine Absicherung der Datenströme und eine tragfähige Über­wachung"End-to-End" ist unbedingt erforderlich, um unbefugten Zugriff zu ver­meiden oder wenigstens sofort zu bemerken, um schnell Gegenmaßnahmen einleiten zu können.

Allerdings muss Unternehmen bewusst sein, dass absolute (Daten-)Sicherheit kaum mit dem Konzept"Industrie 4.0" zu vereinbaren ist. Denn bei einer optimalen Einbindung der "Smart Factory" in Wertschöpfungs- und Lieferketten muss das Netzwerk offen für Zulieferer, Händler und andere externe Partner sein. Dies setzt die Bereitschaft voraus, sensible betriebliche Daten zu teilen. In dieser Konsequenz wird das Konzept der "Industrie 4.0" bislang nur von wenigen Unternehmen umgesetzt. Bei vier von fünf Betrieben sind sämtliche "Smart Factories" vollständig in Firmeneigentum. Fabriken, die mehrheitlich anderen Eigentümern gehören, vernetzt nur jedes zehnte Unternehmen. (hv)