Der „faire Computer“ ist unterwegs

Eine Studie des Öko-Instituts zeigt auf, wie die Einhaltung sozialer und ökologischer Mindeststandards bei Elektronikprodukten künftig transparent gemacht werden kann. Damit rückt auch eine mögliche Zertifizierung von Computern in greifbare Nähe.

„Spätestens in vier Jahren wird der erste faire Computer im Handel sein“, prognostiziert Dr. Rainer Grießhammer, stellvertretender Geschäftsführer des Öko-Instituts.

Die Massenfertigung von Elektronikprodukten wie PCs und Fernsehern wurde in den letzten beiden Jahrzehnten fast vollständig in ostasiatische Betriebe ausgelagert. Verschiedene Studien berichten von überwiegend schlechten Arbeitsbedingungen und häufigen Verstößen gegen internationale Standards. Konsumenten, Umwelt- und Arbeitnehmerverbände fordern bereits seit längerem die systematische Umsetzung von sozialen und ökologischen Mindeststandards in der Elektronikfertigung.

Das Öko-Institut hat am Beispiel von Notebooks untersucht, wie bei komplexen Produkten soziale Bedingungen bei der Herstellung analysiert, verbessert und zertifiziert werden können. Die Experten haben sowohl mit Umwelt- und Arbeitnehmerorganisationen als auch mit Vertretern der Industrie gesprochen. Da sich die Wertschöpfungskette für Notebooks überwiegend in den ostasiatischen Raum verlagert hat, haben die Wissenschaftler nur dort ansässige Firmenstandorte untersucht. Eine komplette unabhängige Analyse ist aufgrund der großen Zahl an Zulieferbetrieben und der schwierigen Recherchesituation in China derzeit aber noch nicht möglich.

Für technische Produkte wie Computer oder Fernsehgeräte gibt es bislang keine Nachhaltigkeitssiegel und Kriteriensätze. Der wesentliche Grund: Diese Produkte bestehen aus Tausenden von Einzelteilen und werden von Hunderten von Zulieferern hergestellt. In dieser Gemengelage ist eine Zertifizierung von Arbeits- und Lebensbedingungen sehr aufwendig. „Trotz einzelner guter Ansätze ist die Industrie derzeit von einem fairen Computer noch weit entfernt“, zieht Andreas Manhart vom Öko-Institut Bilanz.

Derzeit werden fast alle Notebooks der großen Markenanbieter von weit gehend unbekannten taiwanischen Firmen an der Ostküste Chinas hergestellt. Die Arbeitsbedingungen entsprechen in fast keinem Bereich den europäischen Standards. Es ergeben sich gesundheitliche Risiken vor allem durch den ungeschützten Umgang mit toxischen Stoffen und das Einatmen giftiger Dämpfe während der Fertigung. Zudem falle der Monatslohn mit 69 Euro mehr als gering aus, so das Öko-Institut. Eine flächendeckende Verbesserung der Lohn- und Arbeitsbedingungen würde den Endpreis für ein Notebook im Westen nur um wenige Prozent verteuern.

Detaillierte Vorschläge des Öko-Instituts sind der Studie „Soziale Auswirkungen der Produktion von Notebooks“ zu entnehmen. Sie steht zum Download bereit. (Detlef Scholz)