Der beste Kritiker ist der Nutzer

Noch immer wird so manche Internet-Präsenz mit wenig Rücksicht auf die tatsächlichen Bedürfnisse der Besucher entworfen. WebMacher verlieren sich gerne in eigenen Vorlieben, statt ihre Hausauf-gaben bei der Bedienbarkeit zu machen.

Von: Heinz Peller

Mindestens 39 Stunden sind notwendig, um für eine Website ausgiebige Usability-Tests durchzuführen. Zu diesem Wert kam der Mitbegründer der Nielsen Norman Group, Jakob Nielsen, schon 1998, als die Technische Univer-sität von Dänemark ein Usability-Labor für Websites etablierte. Viele Projektverantwortliche scheuen den Aufwand für solche Tests und verlassen sich lieber auf den schnellen Kollegencheck. Das Problem dabei: Die meisten Mitarbeiter kennen sich bereits mit den Web-Seiten aus und wissen aus Erfahrung, wie sie ans Ziel kommen. Um die Schwachstellen der Bedienbarkeit aufzuzeigen, müssen effektive Tests dagegen mit "unbedarften" Probanden durchgeführt werden.

Einiges an Aufwand lässt sich aber durchaus einsparen, wenn das Design auf Erkenntnisse aus der bisherigen Usability-Forschung aufbaut. Diese sind beträchtlich, doch wie die Realität zeigt, setzen viele Designer lieber auf Flash-Intros und andere Formen der Animation, als klare Strukturen zu entwerfen. Das ist ein gefährlicher Weg.

Usability-Untersuchungen, wie sie die Stanford University in Zusammenarbeit mit dem Poynter Institute durchführt, haben erstaunliche Ergebnisse gezeigt: Im Vergleich zum Zeitunglesen fokussiert der Blick am Bildschirm wesentlich stärker auf einen zentralen Bereich (siehe obiges Bild). Die Bewegungsaktivität der Augen ist um bis zu 60 Prozent reduziert. Das heißt, dass ein Surfer im Wesentlichen nur hervorstechende Strukturen aufnimmt. Einerseits werden Bildschirminformationen bis zu dreimal schneller gelesen als Texte in Druckerzeugnissen. Andererseits werden die Inhalte keineswegs schneller aufgenommen. Im Gegenteil: Kaum 50 Prozent des Informationsangebots bleiben beim Leser hängen. Was passiert also in dieser Lesezeit?