Gespaltenes Bild bei Nutzung von YouTube und Co.

DAX-Firmen fürchten Kontrollverlust im Web 2.0

IT-affine Unternehmen wie SAP und Automobilhersteller wie BMW, Daimler und VW präsentieren sich im Web 2.0 auf vielen Kommunikationskanälen. Firmen aus der Banken- und Versicherungsbranche sind bei der Online-Kommunikation eher im Mittelfeld und unter den Nachzüglern zu finden sind.

Zu diesem Ergebnis kommen Wissenschafter der Fachhochschule Mainz in einer Vergleichsstudie. Rund drei Viertel der DAX 30 Unternehmen twittern, knapp zwei Drittel nützen bereits die Videoplattform YouTube. Facebook und Blogosphäre genießen indes noch weniger Aufmerksamkeit bei Deutschlands führenden Publikumsgesellschaften. Noch lässt sich kein allgemeiner Trend feststellen. Das Engagement der Top 30 bewegt sich im Bereich Social Media zwischen null und 100 Prozent.

"Die Gruppe der DAX 30 gehört, was die Nutzung von Social Media betrifft, nicht zum absoluten Spitzenfeld. Vor allem im mittelständischen Bereich finden sich hierfür herausragendere Beispiele wie etwa der FROSTA-Blog", sagt Lothar Rolke, Professor an der FH Mainz. Allgemein würden die sich durch Web 2.0 bietenden Möglichkeiten in den USA bereits deutlich intensiver genutzt als in Deutschland. US-Unternehmen seien in der Entwicklung um zwei bis drei Jahre voraus.

Mögliche Gründe für die Zurückhaltung hierzulande sind die Angst von Kontrollverlust im Netz und das Unvermögen, die Vorteile von Web 2.0 mit den Nutzern erwartungsgerecht zu teilen. "Das Kommunikationsrisiko für Unternehmen ist im Internet beträchtlich höher. Das weltumspannende Netz ist selbst für Großunternehmen nicht kontrollierbar, auch ist der Webuser in seinem Verhalten weniger gut einschätzbar als es etwa Journalisten sind", gibt Rolke zu bedenken.

Vor dem Hintergrund massiver Veränderungen in der Medienlandschaft können Unternehmen den richtigen Umgang mit Web 2.0 laut Rolke auch nicht aus Lehrbüchern erfahren. "Das Internet wird in Hinkunft jedoch die zentrale strategische Kommunikationsplattform sein", betont der Fachmann.

"Daher sind soziale Experimentierbaustellen im Netz erforderlich", so Rolke weiter. Firmen müssten auf dem Wege von Einzelprojekten Know-how sammeln, um in weiterer Folge schlüssige Kommunikationsstrategien entwickeln zu können. Trotz des unstrittigen Potentials zur Markenbildung und zahlreicher Unliebsamkeiten wie etwa Fake-Accounts verfügen viele Unternehmen jedoch noch über keine erkennbaren Strategien für die Welt der sozialen Onlinedienste.

Die Akteure lernen aber schnell. So konnten Adidas und Siemens auf ihren erfolgreichsten YouTube-Kanälen innerhalb eines Jahres rund 200.000 Filmabrufe erreichen. Außerdem schaffte es die Lufthansa mit einem Gewinnspiel, binnen weniger Wochen mehrere tausend User zu Followern zu machen. (pte/ala)