Connected Car

Das Auto der Zukunft ist geschwätzig

Einsatzgebiete: Sicherheit und Verkehrssteuerung

Laut einer Bitkom-Studie befürworten 78 Prozent der Bundesbürger den Aufbau von intelligenten Verkehrssystemen.
Laut einer Bitkom-Studie befürworten 78 Prozent der Bundesbürger den Aufbau von intelligenten Verkehrssystemen.
Foto: Bitkom

Car-to-X-Systeme sollen in Europa und Nordamerika ab dem kommenden Jahr in Fahrzeugen Einzug halten und es ermöglichen, "Cooperative Intelligent Transport Systems" (C-ITS) aufzubauen. Einige Experten gehen jedoch davon aus, dass mit ein bis zwei Jahren Verzögerung zu rechnen ist. Die Marktforschungsgesellschaft Frost & Sullivan erwartet, dass im Jahr 2030 an die 40 Prozent aller Fahrzeuge in Europa mit C2C-Kommunikationssystemen ausgestattet sind. Speziell in Europa werden nach Angaben der Marktforscher Faktoren wie die Einführung des Notrufsystems eCall ab 2015 und Sicherheitsfunktionen wie die Warnung vor Staus, Unfallstellen und witterungsbedingten Problemen wie Glatteis die Verbreitung solcher Systeme fördern.

Die Car-to-X Kommunikation bei Mercedes-Benz ermöglicht den Informationsaustausch von Fahrzeugen untereinander sowie zwischen Fahrzeugen und der Verkehrsinfrastruktur.
Die Car-to-X Kommunikation bei Mercedes-Benz ermöglicht den Informationsaustausch von Fahrzeugen untereinander sowie zwischen Fahrzeugen und der Verkehrsinfrastruktur.
Foto: Daimler

Ein weiteres Anwendungsgebiet ist die Verkehrssteuerung. Auf dieses Feld konzentrieren sich vor allem Forscher und Hersteller von Automobiltechnik in Europa. Fahrzeuge können anonymisierte Daten über ihren Standort und die Geschwindigkeit an Verkehrszentralen oder Anbieter von Services weitergeben. Dadurch ist es möglich, die aktuelle Verkehrssituation zu erfassen, und das deutlich schneller und präziser als bislang.

Ansätze in dieser Richtung gibt es bereits, etwa freiwillige Verkehrsmelder von Rundfunksendern oder Dienste von Herstellern von Navigationssystemen, die aktuelle Daten der "Navis" ihrer Kunden verwenden. Der Nachteil: Solche Dienste sind an bestimmte Anbieter gebunden.

Ampeln geben das Tempo vor

Bereits im Feldversuch: Fahrzeuge tauschen nicht nur untereinander Informationen aus, sondern auch mit der Infrastruktur, etwa Ampeln und sogar mit Fußgängern, die mit "Wearable Devices" oder Smartphones ausgestattet sind.
Bereits im Feldversuch: Fahrzeuge tauschen nicht nur untereinander Informationen aus, sondern auch mit der Infrastruktur, etwa Ampeln und sogar mit Fußgängern, die mit "Wearable Devices" oder Smartphones ausgestattet sind.
Foto: BMW

Zu den wichtigsten Anwendungen von C2X zählt in Europa die Regulierung des Verkehrsflusses, um Staus zu verhindern. Signal-Phase-and-Timing-Funktionen (SPaT) stellen beispielsweise sicher, dass Ampelphasen auf den aktuellen Verkehrsfluss abgestimmt werden. Dazu tauschen Ampeln mit integrierten Kommunikationsmodulen mit Verkehrsleitzentralen und Fahrzeugen Daten aus. Zudem kann der Fahrer darüber informiert werden, wie schnell er fahren sollte, um nicht in einem Stau zu landen.

Frost & Sullivan zufolge könnten solche Maßnahmen dazu beitragen, die Kosten durch Verkehrsstockungen erheblich zu reduzieren. Allein in Deutschland summierten sich diese Kosten pro Jahr auf etwa 17 Milliarden Euro, etwa in Form von Arbeitszeit, die verlorengeht. Hinzu kämen Schäden durch Unfälle und die erhöhte Umweltbelastung, die sich mithilfe von C2X reduzieren ließen.

Versicherung je nach Fahrstil

Umstritten sind dagegen weitere Anwendungsfelder. Das eine sind personalisierte Services, die insbesondere Unternehmen wie Google und Apple Fahrern anbieten möchten. Solche orts- und situationsbezogenen Services setzen voraus, dass der Nutzer Daten an den Anbieter weitergibt oder deren Übermittlung duldet. Dies wirft Fragen bezüglich des Datenschutzes auf, ähnlich wie in anderen Bereichen wie bei Social Networks oder dem Erfassen und Speichern von Fitness- und Gesundheitsdaten durch Apps von Smart Watches und Smartphones. Letztlich muss jedoch jeder Anwender selbst entscheiden, ob er mit seinen persönlichen Daten für Unterhaltungs- oder Informationsdienste bezahlen möchte, die er im Auto nutzt.

Predictive User Experience: Das Auto der Zukunft lernt das Verhalten des Fahrers und stellt sich auf Wünsche und Bedürfnisse ein.
Predictive User Experience: Das Auto der Zukunft lernt das Verhalten des Fahrers und stellt sich auf Wünsche und Bedürfnisse ein.
Foto: Mercedes Benz

Ebenfalls auf geringe Gegenliebe stößt zumindest bei deutschen Autofahrern der Vorschlag, die Daten von C2X-Systemen für die Einstufung bei der Auto-Versicherung zu nutzen. Solche Modelle berechnen den Versicherungstarif anhand von Faktoren wie Fahrverhalten und Kilometerleistung. Ein rasanter Fahrstil mit häufigen Bremsmanövern führt beim "Pay-as-u-Drive"-Modell zu höheren Tarifen.

An die 69 Prozent der Bundesbürger lehnen nach einer Umfrage des Hightech-Verbandes Bitkom solche Versicherungsmodelle ab, etwa 9 Prozent nutzen bereits ein solches Modell. Hauptkritikpunkte der "Verweigerer" sind jedoch nicht der Datenschutz, sondern die hohe Komplexität des Ansatzes und die Tatsache, dass viele Autobesitzer damit - zumindest derzeit - nur wenig Geld sparen können.

IT-Firmen drängen in den Markt

Dass auch die IT-Industrie Marktsegmente wie Fahrzeugvernetzung und In-Vehicle-Infotainment (IVI) für sich entdeckt hat, ist nicht zu übersehen. Pioniere wie Microsoft und Ford, die bereits vor acht Jahren auf diesem Feld zusammenarbeiten, haben längst Gesellschaft bekommen.

In-Vehicle-Infotainment mit Intel Inside
In-Vehicle-Infotainment mit Intel Inside
Foto: Intel

So stellte Intel im Frühjahr 2014 mit Intel In-Vehicle Solutions eine Middleware Plattform vor, die schwerpunktmäßig in Karlsruhe entwickelt wurde. Sie erlaubt es Automobilherstellern, die Entwicklungszeiten von IVI-Systemen (In-Vehicle Infotainment) und damit die Zeitspanne bis zur Marktreife zu verkürzen. Ebenfalls in Karlsruhe entwickelt Intel Plattformen und Systeme für die vernetzte Überwachungselektronik sowie Telematik-Komponenten für Nutzfahrzeuge. Diese werden für Fahrzeughersteller, Spediteure oder Busbetriebe immer wichtiger, um digitale Informationen von und zu Fahrzeugen zu übermitteln.