D-Wave: Kommerzieller Quantencomputer in Aussicht

Das kanadische Unternehmen D-Wave Systems, Inc. hat seinen Quantencomputer "Orion" auf der gestern, Freitag, in Reno zu Ende gegangenen Supercomputing-Konferenz SC07 vorgeführt. Nach Angaben von D-Wave arbeitet Orion derzeit mit 28 Quantenbits (Qubit). Angesichts der Schwierigkeit der Aufgabe, größere Zahlen an Quantenbits über längere Zeiträume kohärent zu halten, erscheint dieser Wert beachtlich. D-Waves Zukunftspläne lassen sich ebenfalls sehen: Ende 2008 soll Orion 1.024 Qubits erreichen und kommerziell nutzbar sein.

Sogenanntes Quantum Computing ist ein großes Thema in Wissenschaft und Forschung. Ihre potenzielle Bedeutung wurde beispielsweise im Vorjahr auf der 20. Internationalen Konferenz für Atomphysik in Innsbruck erläutert. Im Gegensatz zum klassischen Bit kann ein Qubit nicht nur die diskreten Zustände "0" und "1" annehmen, sondern auch eine Überlagerung beider. Dadurch ist es einem System verschränkter Quantenbits theoretisch möglich, bestimmte Problemstellungen wesentlich schneller zu lösen, als das mit klassischen Binärsystemen der Fall ist. Quantenmechanische Effekte machen die praktische Umsetzung jedoch schwierig - insbesondere das längerfristige Aufrechterhalten und Nutzen größerer Qubit-Systeme.

"28 Quantenbits wären viel, Forscher haben derzeit gerade einmal über Systeme von wenigen Qubits Kontrolle," bestätigt Manfred Bayer von der Fakultät für Physik der Universität Dortmund gegenüber pressetext. Doch er lässt Skepsis anklingen: "Man hört viel über Orion, aber D-Wave veröffentlicht kaum Daten." Rainer Blatt vom Institut für Experimentalphysik der Universität Innsbruck ist ebenfalls skeptisch. "Nach dem wenigen, was publiziert ist, glaube ich eher nicht, dass Orion mit echten Qubits arbeitet," so der Wissenschaftler auf Nachfrage von pressetext. Ein Mangel an Information über die Wissenschaft hinter Orion wird auch von anderen Experten kritisiert.

Daran hat die Online-Vorführung auf der SC07 offenbar nicht viel geändert. So gab sich etwa auch Artur Ekert, Professor für Quantenphysik an der Universität Cambridge, unbeeindruckt. "Das war nicht ganz, was wir unter Quantum Computing verstehen. Was zur Demonstration gezeigt wurde, könnten auch normale Computer gelöst haben," meinte Ekert gegenüber BBC News. Ein von D-Wave gestartetes Programm, experimentelle Daten mit Wissenschaftern an ausgewählten Institutionen, darunter das renommierte MIT, könnte das ändern.

Jedenfalls veröffentlicht D-Wave hochgesteckte Ziele. Im 2. Quartal 2008 sollen 512 qubits geschafft und bis Ende des Jahres 1.024 qubits erreicht werden. Zu dieser Zeit soll auch die kommerzielle Nutzung von Orion per Online-Service starten. Unter anderem sollen ab Juni 2009 Simulationen für den Bereich Bank- und Versicherungswesen möglich sein. (pte/ssp)