Beispiele für E-Mail-Policies

"Policies" oder Richtlinien für den Umgang mit E-Mails in einem Unternehmen oder einer Organisation haben oft unfreiwillig komische Züge oder erinnern an die alte "Fasse dich kurz"- Regel aus der Frühzeit des Telefons: Sie schränken die Möglichkeiten eines fast grenzenlosen Kommunikationssystems scheinbar kleinlich und bürokratisch wieder ein. Schulungen, die E-Mail-Anwender wirklich mit den Gefahren und Nebenwirkungen unvorsichtiger E-Mail-Kommunikation vertraut machen, sollten die Aufstellung von Regeln deshalb unbedingt begleiten – sonst gelten die Richtlinien nur als lästige Hürde, die jeder Betroffene zu umgehen versucht.

Basis jeder vernünftigen Policy ist eine genaue Analyse dessen, wozu E-Mail im jeweiligen Unternehmen oder in der jeweiligen Organsiation eingesetzt wird und wie professionell die Mitarbeiter damit bereits umgehen. In einer Presseagentur bespielsweise wird man kaum große Attachments verbieten können, denn dort ist es nötig, druckfähige Bilder zu versenden und zu empfangen. Bei Mitgliedern einer Zeitungsredaktion ist es unsinnig, zwischen privater und geschäftlicher Kommunikation zu unterscheiden, denn bei der Informationsbeschaffung durchdringen sich gewöhnlich beide Bereiche – und so weiter.

Nicht immer wird es außerdem von Vorteil sein, jede Verbotsmöglichkeit auszuschöpfen. Für manches Unternehmen mit langen Arbeitszeiten oder schlechter geographischer Lage kann die Erlaubnis zu privater Kommunikation am Arbeitsplatz auch ein Mittel sein, Arbeitskräfte zu halten oder das Betriebsklima zu verbessern.

Ein heikler Punkt ist außerdem, dass jedes E-Mail-System nicht nur von den Angehörigen der Organisation benutzt wird, die es zur Verfügung stellt. Streng genommen müssten auch externe Sender immer darüber unterrichtet sein, ob in einem Unternehmen beispielsweise vertrauliche Mails tatsächlich vertraulich behandelt werden oder nicht. Unternehmen und öffentliche Institutionen gehen deshalb mehr und mehr dazu über, ihre Regeln zumindest auch auf ihren Websites zu publizieren.

Zwei Beispiele:

Das allgemeine Krankenhaus Wien Die Universität von Kalifornien

Wichtig ist zunächst, in den Richtlinien den Zweck der Mail-Verwendung im jeweiligen Unternehmen sowie die Gültigkeit und die Verbindlichkeit der Regeln festzulegen. Beim Wiener Krankenhaus sind diese Passagen sehr ausführlich geraten. Dann muss eine genaue Beschreibung folgen, was zulässig ist und was nicht. Hier schneidet die Beispielrichtlinie nicht so gut ab – die eigentlich wichtigen Regeln nämlich folgen so spät, dass sie kaum noch auffallen. In diesem Bereich müssen alle Richtlinien, die nicht unmittelbar einsichtig sind, verständlich begründet werden, damit die Anwender sie so weit wie möglich freiwillig akzeptieren.

Die Policy sollte mit einem Punkt enden, den bisher kaum eine Richtlinie beachtet: Es sollte unbedingt ein Verantwortlicher mit Telefonnummer und E-Mail-Adresse aufgeführt sein, der zur Verfügung steht, wenn jemand in der Organisation durch die Regeln behindert wird oder unsicher ist, ob ein bestimmtes Verhalten eine Verletzung der Policy darstellt oder nicht.

Geschieht dies nicht, können die Regeln zum Kommunikationshindernis werden. Dies ist auch dann der Fall, wenn automatische Filter den E-Mail-Verkehr beeinflussen, ohne dass die Anwender darüber informiert sind: Ein zu großes Attachment etwa, das ein Filter kommentarlos löscht, ohne es zu verschicken, könnte durchaus wichtige, termingebundene Unterlagen enthalten. (jo)