Richtlinien des W3C

Barrierefreie Websites sind die Ausnahme

Während öffentliche Stellen und Behörden prinzipiell dazu verpflichtet sind, ihre Webauftritte auch für Menschen mit Behinderungen oder sonstigen Beeinträchtigungen zugänglich zu machen, ist ein entsprechendes Engagement auf Seite der Unternehmen bislang großteils noch die Ausnahme.

Obwohl die rasante technologische Entwicklung im Internetsektor eine Reihe wichtiger Errungenschaften mit sich gebracht hat, bleibt ein völlig barrierefreier Zugang noch ein Wunschtraum vieler Nutzer. Um dies zu ändern, hat das World Wide Web Consortium (W3C) spezielle Richtlinien zusammengestellt, die Web-Designern bei der Erstellung offener Seiten helfen sollen.

"Wenn das Internet richtig gestaltet wird, ermöglicht es jedem Menschen die gleichberechtigte Teilnahme", erklärt Shawn Lawton Henry, Outreach Coordinator der Web Accessibility Initiative des W3C, gegenüber dem San Francisco Chronicle. In der Realität zeige sich aber durchwegs ein anderes Bild. So würden viele Seitenbetreiber noch immer darauf vergessen, dass allein in den USA mehr als 50 Mio. Menschen mit Behinderungen leben. "Hier geht es um Bewusstseinsbildung. Oft denkt man nicht über solche Probleme nach, weil man selbst niemanden kennt, der behindert ist", erläutert Henry.

"In puncto Barrierefreiheit hat es im Internet in den vergangenen paar Jahren zwar einige wichtige Verbesserungen gegeben. Dass die Entwicklung in dieser Hinsicht nicht stehen geblieben ist, ändert aber nichts an dem Umstand, dass heute immer noch rund 96 Prozent aller Webseiten über keinen barrierefreien Zugang verfügen", stellt Ansgar Hein von Barrierekompass.de , dem größten deutschsprachigen Portal, das sich dem Thema Barrierefreie Informationstechnologie gewidmet hat, fest.

Dass diese Zahl derart hoch ausfällt, liege vor allem auch darin begründet, dass die große Mehrheit der Internetseiten von Privatpersonen betrieben wird. "Auch bei den Unternehmen beginnt die Erkenntnis, dass die eigenen Webpräsenzen so barrierefrei wie möglich gestaltet werden sollten, erst langsam zu greifen. Ich halte aber nichts davon, auf gesetzliche Verpflichtungen zur Lösung des Problems zu setzen. Die Unternehmen müssen sich freiwillig für eine Verbesserung der Situation für behinderte und beeinträchtige Menschen im Web engagieren", so Hein.

In Anbetracht der Tatsache, dass die Zahl der beeinträchtigen Menschen kontinuierlich nach oben klettert und das Internet inzwischen aus dem täglichen Alltag nicht mehr wegzudenken ist, wäre es nur im eigenen Interesse der Unternehmen, wenn diese ihre Homepages so zugänglich wie möglich gestalten. "Webseiten sind heutzutage die virtuellen Eingangstüren eines Unternehmens. Wenn man dort keinen Zugang erhält, kommt kein Geschäft zustande und verliert einen Kunden", betont Dimitri Belser, Executive Director des Center for Accessible Technology in Berkeley. (pte/mje)