Ballmer feilscht: Windows statt Linux für München?

Die bayerische Landeshauptstadt erwägt seit längerem einen Komplett-Umstieg von Windows auf Linux. Das macht Microsoft nervös: Steve Ballmer kam jetzt höchstpersönlich nach München, um dort mit OB Christian Ude zu verhandeln.

Das berichtet heute die Süddeutsche Zeitung (SZ). Aus Angst vor der Signalwirkung eines Münchner Linux-Umstiegs auf andere Kommunen habe Ballmer extra seinen Ski-Urlaub unterbrochen, um den Münchner Oberbürgermeister persönlich eines Besseren zu überzeugen.

Eine von Unilog Integrata im Auftrag der Stadt erstellte Studie war letztes Jahr zu dem Schluss gekommen, dass es für München am günstigsten wäre, komplett von Microsoft zu Linux zu migrieren. Von den anderen in Erwägung gezogenen Varianten (reine Microsoft-, reine Linux-Lösung sowie drei Kombinationen) war die Microsoft-only-Version die zweitschlechteste im Vergleich.

Rabatte von Microsoft hatte die Kommune ursprünglich nicht erwartet: "Gegen Microsoft-Chef Bill Gates sind wir ganz klein, das ist, als ob man bei Tengelmann über einen Stängel Petersilie verhandeln würde", zitiert die SZ Helmut Hoefer, den stellvertretender Chef des städtischen Amts für Informations- und Datenverarbeitung.

Jetzt scheint Steve Ballmer der Stadt aber doch einige Zuckerl offeriert zu haben: Zumindest verschob gestern der Münchner Stadtrat in nichtöffentlicher Sitzung eine endgültige Entscheidung auf den 28. Mai. Bis dahin wird Microsoft der Stadt ein konkretes Angebot für eine Migration auf Windows XP machen, so die SZ. Es bleibt zu hoffen, dass die bayerische Metropole bei ihrer endgültigen Entscheidung auch einige wichtige Fakten jenseits von Euro und Cents in Erwägung zieht.

So zum Beispiel die Tatsache, dass Microsoft im Dunstkreis von DMCA, DRM, TCPA und ähnlichen US-amerikanischen Big-Brother-Bestrebungen dem Anwender immer mehr die Kontrolle darüber entziehen will, was sein PC tut und mit wem der Rechner kommuniziert. Abseits der transatlantischen digitalen Weltneuordnung bietet dagegen Linux durch offene Quellcodes Funktionstransparenz und die Möglichkeit zur gezielten Anpassung an eigene Erfordernisse. Man darf gespannt sein, ob und wie die Münchner das in ihre Entscheidung mit einbeziehen. (jlu)