Vorgesetze als Dienstleister der Mitarbeiter

Auslaufmodell: Klassische Chefs sind out!

Kein Platz für starre Budgets

Als "Mosaikstein in der Entwicklung" bezeichnet Eckstein die agile Methode als eine Art Anfang. Sie verweist auf andere Konzepte wie "Lean Startup", in dem es um die Frage nach den tatsächlichen Anforderungen des Kunden geht, sowie "Beyond Budgeting". Hier werde zuerst nach dem Nutzen eines Vorhabens gefragt und nicht nach den verfügbaren Mitteln: "Die Welt dreht sich immer schneller, und da ist kein Platz mehr für starre Budgets." Dass sich der Wandel nicht über Nacht vollzieht, ist der Agile-Expertin klar: "Ich bin aber optimistisch, denn die Entwicklung führt in die richtige Richtung." Statt der geballten Macht mit Hierarchien und Befehlsketten für die vertikale Führung würden sich die Experten horizontal vernetzen - "Transparenz und Vertrauen lösen das Herrschaftswissen ab".

Auch Scrum-Coach und Projektleiter Stapf kennt viele Szenarien, "wo es den einen nicht gibt, der alles weiß, überall kompetent ist und über Command and Control die Vorgaben setzt". In einem komplexen Umfeld müsse sich erst herausstellen, was der Kunde will und wie dies technisch umgesetzt werden soll. "Dafür brauchen wir ein starkes Team, das alle Aspekte abdecken kann", fordert Stapf. Die verschiedenen Kompetenzen zu verbinden sei das Erfolgsgeheimnis in der IT. Drei klassische Fehler: das Team-Building nicht ansprechen, die Ziele nicht klar kommunizieren und dem Team nicht den nötigen Raum zur Entwicklung geben - "Mitarbeiter müssen die Möglichkeit erhalten, ihre Arbeit selbst zu organisieren".

Drei Halbsätze reichen

Auch der Lörracher Professor Hanser begrüßt die strukturellen Veränderungen in den Organisationen: "Der Projektleiter wird zum Diener des Projekts, der die Hindernisse beiseiteräumt." Führung durch Autorität und Hierarchie sei auf dem Rückzug, "sozietäre Autorität" durch die richtige Zusammensetzung des Teams setze sich durch. Da ohnehin fast alle Entwickler studiert hätten, müsse ihnen auch kein Vorgesetzter zeigen, "wie sie den Bleistift halten sollen". Hinzu kommt, dass die neuen Aufgaben von der schriftlich geprägten Kommunikation entlang klassischer Hierarchieebenen nicht mehr erfüllt werden können. Eine "osmotische Kommunikation", fordert der Wissenschaftler Hanser, der sich dabei auf den Agile-Pionier Kent Beck bezieht: "Man bekommt viele wichtige Informationen nebenbei mit, wenn man im gleichen Raum sitzt." Und während früher eine kleine Spezifikation auf vier Seiten schriftlich definiert wurde, reichen dafür in der agilen Methode häufig drei Halbsätze. Die Details klären sich im Gespräch.

Dieter Boch, Arbeitsforscher: "In einem modernen Büro werden keine Unterschiede mehr für Führungskräfte gemacht."
Dieter Boch, Arbeitsforscher: "In einem modernen Büro werden keine Unterschiede mehr für Führungskräfte gemacht."
Foto: IAFOB

Derartige Umwälzungen schlagen sich auch auf den Arbeitsmittelpunkt nieder: "Nicht mehr Einzelzimmer, Schreibtisch und Stuhl sind die entscheidenden Kriterien für den Arbeitsplatz, sondern die Erfüllung der verschiedenen Raumbedürfnisse", sagt Dieter Boch, geschäftsführender Gesellschafter des Instituts für Arbeitsforschung und Organisationsberatung (IAFOB) in Anzing bei München. Kommunikation, Recherche, Lernen, Konzentration und Erholung - heute habe man erkannt, dass diese Elemente in der Arbeit enthalten sind und ausbalanciert werden müssten.