Vorgesetze als Dienstleister der Mitarbeiter
Auslaufmodell: Klassische Chefs sind out!
Vom Kontrolleur zum Coach
Die agile Lösung für komplexe Probleme setzt etwa bei der Methode Scrum ganz oben an, indem die Rolle des Projektleiters, der finanzielle und fachliche Entscheidungen trifft, aufgeteilt wird: Ein Product Owner (Produktentwickler) priorisiert im Rahmen des Budgets und des Auftrags die Anforderungen und Funktionen, und das Entwicklungsteam entscheidet selbständig, wie die Aufgaben umgesetzt werden.
Dazwischen fungiert der Scrum Master als Vermittler und Schiedsrichter, der die Scrum-Regeln hegt und pflegt und alle auftretenden Störungen beseitigt. "Der Manager entwickelt sich vom Kontrolleur zum Coach", fasst Projektexpertin Eckstein zusammen. Statt eines Orchesterkonzerts mit Dirigent findet eine Art Jam Session statt. Aufgrund der zunehmenden Bedeutung freiberuflicher IT-Experten fällt es ohnehin schwer, den engen Top-down-Ansatz weiterzuverfolgen.
Heiko Stapf arbeitet seit drei Jahren als selbständiger Berater im agilen Umfeld, zuvor war er Führungskraft in der Entwicklungsabteilung eines Softwareunternehmens. Den Wandel weg vom klassischen Modell hat er hautnah miterlebt: "Vor ein paar Jahren haben sich vor allem Entwickler für agile Methoden ausgesprochen und nicht die Chefs." Inzwischen habe sich die Lage gedreht, Anfragen kämen zunehmend aus dem Management. Das Problem: Viele Führungskräfte hätten von Scrum gehört, aber sie wüssten nicht, dass damit ein Umdenken verbunden ist, berichtet Stapf: "Viele Manager wollen ein Scrum-Projekt und gleichzeitig die Roadmap für die nächsten zwei Jahre in Form einer tages- und personengenauen Kapazitätsplanung ,in Stein gemeißelt` - da besteht noch ein hoher Beratungsbedarf."
- Fünf Gründe für den agilen Ansatz
Neue Methoden der Softwareentwicklung begeistern die Mitarbeiter und die Kunden. Da stellt sich die Frage, woher es kommt, dass "Agilität" derartig beliebt ist? Alexander Ockl nennt Fünf Gründe: - Weniger Prozess - dafür mehr Mensch
Offenbar haben wir gelegentlich das Prozessrad zu weit gedreht. Mit Know-how in den Prozessen wollten wir gute Software wie am Fließband im "billigen Ausland" herstellen lassen. Probleme lassen sich mit noch ausgefeilteren Prozessen und Rollen beseitigen, so dachten wir. Aber inzwischen wissen wir, dass wir am so genannten Fließband meist individuell arbeiten. Und talentierte Mitarbeiter haben auch im Ausland inzwischen ihren Preis. - Persönliche Motivation statt Existenzangst
In der agilen Welt zählt der Mensch wieder etwas. Statt verteilt zu sitzen, schauen sich agile Teams wieder in die Augen. Effektive, direkte Kommunikation ersetzt endlose, anonyme Telefonkonferenzen und überlaufende E-Mail-Postkörbe. Größerer Gestaltungsspielraum und überschaubare Rollen geben Mitarbeitern das Gefühl, endlich wieder etwas bewegen zu können. Das setzt Kräfte frei. Und motiviert, anstatt zu frustrieren. - Entfaltete Stärken statt Fesseln
Endlich wieder kreativ sein und nicht starre Prozesse befolgen müssen! Kein Wunder also, dass gerade Entwickler und Analysten diesen Ansatz lieben. Im agilen Umfeld sind sich alle bewusst, wie wichtig ein gut zusammengestelltes Team ist. Das übersehen wir in der "alten IT-Welt" häufig - zwischen den vielen Prozessdetails und virtuellen Teams. Unsere Kunden freuen sich auch, denn schließlich steht wieder die Lösung ihrer Probleme im Vordergrund. - Gemeinsam entwickelte Arbeitsweise
Neue Prozesse bedeuten in unserem herkömmlichen Alltag häufig neue Rollen. So entstehen Teamveränderungen und Umstrukturierungen. Die vorgegebene Arbeitsweise passt aber vielfach nicht zum Team. Agile Methoden wie Scrum zeigen, dass es auch anders geht. Den "Toyota-Weg" als Vorbild, organisieren sich schlanke Teams innerhalb eines groben Rahmens am besten selbst.Es lohnt es sich, ein funktionierendes Team - wie im Fußball - nicht zu stark zu verändern. Gemeinsam entwickelt, richtet sich die Arbeitsweise nach den Möglichkeiten der Mitarbeiter. - Eine nachvollziehbare Teamleistung
Schreit unser Umfeld nach Agilität, so sollten wir nicht dagegen reden, sondern genau hinschauen. Agilität und gute Prozesse wollen das Gleiche. Müssen wir dennoch verteilt arbeiten, so sollten wir unbedingt auf die menschliche Komponente achten. Frei nach Felix Magath bei der Vorstellung des Spielers Raul sollte es "unsere Verpflichtung sein", die Mitarbeiter "so in Szene zu setzen", dass Sie "ihre Fähigkeiten voll ausspielen können". Andernfalls schließt auch Raul keine Tore, sondern wird zu einem mittelmäßigen und schließlich frustrierten Mitspieler.