Auch Brasilien wendet sich von Microsoft ab

Der brasilianische Präsident Luiz Inacio Lula da Silva gibt derzeit einer Richtlinie die endgültige Form, die Ministerien und Behörden sowie staatlichen Unternehmen empfiehlt, auf neuen Rechnern Open-Source-Software wie Linux anstelle proprietärer Produkte wie Microsoft Windows zu installieren.

Das Wall Street Journal zitiert da Silvas IT-Berater Sergio Amadeu mit der Aussage, Ziel sei es, bereits im kommenden Jahr 80 Prozent aller neu angeschafften Rechner unter Open-Source-Software zu betreiben. Allerdings seien die Empfehlungen nicht bindend. "Wir verlangen an keiner Stelle die Nutzung freier Software. Der Markt muss die Wahl treffen", so Amadeu, der auch für bereits vorhandene Systeme die Migration von Microsoft auf Open Source vorantreiben will. "Wir werden die staatliche Beschaffungsmacht nutzen, um Technikpolitik zu machen. Die US-Regierung tut das. Warum nicht auch wir?"

Seit der Regierungsübernahme durch die linke Arbeiterpartei im vergangenen Januar gewinnt die Free-Software-Bewegung in Brasilien deutlich an Schwung, berichtet die Computerwoche. Vier Bundesstaaten haben die Förderung quelloffener Software bereits gesetzlich festgeschrieben, und auch auf Bundesebene ist ein solches Vorhaben in Arbeit, nachdem es zuvor jahrelang im Kongress dahindümpelte. Amadeu verspricht sich davon geringere (Lizenz-)Kosten, ein leichteres Erreichen des Ziels, größeren Teilen der Bevölkerung Computer zugänglich zu machen sowie eine Ankurbelung der heimischen Hightech-Industrie. Es gibt aber auch ein moralisches Element. "Freie Software ist wie Generika", erklärte Amadeu mit Blick auf Brasiliens Bemühen, Alternativen zu hochpreisigen AIDS-Medikamenten zu finden.

Ganz unproblematisch ist die Strategie der Regierung allerdings nicht. Brasilianische Softwerker stimmen zwar überein, dass geringere Lizenzkosten und die Verwendung freier Software Entwicklungs- und Schwellenländern durchaus helfen können. Jedoch führe die Arbeiterpartei einen ideologischen Feldzug, der der brasilianischen Software-Industrie und deren Exporten schaden könnte, weil die meisten Firmen ihre Produkte auf Windows-Basis entwickeln. "Das ist technologischer McCarthyismus", beklagt sich etwa Cid Torquato vom Branchenverband Camera-e.net (bei dem Microsoft Mitglied ist).

Der Software-Konzern bemüht sich derweil weiter um Verhandlungen mit der neuen Regierung, die aus Sicht von Marketing-Direktor Luiz Moncau anders als die vorige "denkt, dass Regulierung besser ist als Autonomie". Bewaffnet mit Marktstudien bemüht man sich, der Arbeiterpartei aufzuzeigen, dass proprietäre Software kostengünstiger sein kann als freie, wenn man den Serviceaufwand mit berücksichtigt. "Es ist schwierig, diese Botschaft rüberzubringen", so Moncau. Microsoft spreche mit der Regierung, die für rund sechs Prozent der Software-Einnahmen Brasiliens gut ist, über niedrigere Lizenzgebühren und Zugang zum Source-Code. (Computerwoche/Jürgen Mauerer)