ATIs TRUFORM rechnet auch ältere Spiele schöner

Seinen nächsten Grafikchip möchte ATI mit der neuen Trueform-Technologie ausstatten. Dahinter verbirgt sich ein Trick, bei dem mit minimalem Programmieraufwand die 3D-Modelle auch älterer Spiele stark an Qualität gewinnen können.

Jeder Programmierer von 3D-Anwendungen steht vor dem selben Problem: Zum Zeitpunkt der Entwicklung gibt es nur selten Hardware, die für die gewünschte Bildqualität ausreichend ist. In der Regel geht er daher einen Kompromiss ein und reduziert insbesondere die Zahl Polygone, was Figuren, Gebäude und Landschaften mehr oder weniger eckig und unnatürlich aussehen lässt.

Wird die verfügbare Hardware dann während der Verkaufszeit des Programms besser, lassen sich die 3D-Modelle nur mit erheblichem Aufwand schöner gestalten. So bietet etwa Spielehersteller Valve demnächst für sein schon seit zwei Jahren beliebtes Programm Half-Life ein "High-Definition-Pack", das die Polygon-Zahl erhöht. Für die Half-Life-Erweiterung Counter-Strike wird es dieses Upgrade aber nicht geben: Die 3D-Modelle in diesem Programm sind von einem kleinen Team komplett neu entwickelt worden, dem die Ressourcen für eine Überarbeitung fehlen. Zudem bedeuten mehr Polygone ohne massive Tricks auch mehr Bandbreitenbedarf beim Online-Spielen, und darauf ist Counter-Strike ausgelegt.

Beide Probleme will ATI mit seiner Truform-Technologie lösen. Die Idee ist simpel: Das ursprüngliche 3D-Modell bleibt, wie es ist, der 3D-Chip rechnet Polygone hinzu.

Um das zu erreichen, bedient sich Truform der "Higher-Order-Surfaces", die Microsoft mit DirectX 8 eingeführt hat, und die Open GL über Extensions ebenfalls beherrscht. Diese Oberflächen sind nicht rein aus Polygonen zusammengesetzt, sondern bestehen aus einer Kombination von Vielecken und Bezier-Kurven. Damit lassen sich auch gekrümmte Konturen von Objekten darstellen. Diese Technik der "curved surfaces" ist zum Beispiel im hierzulande indizierten Quake III an einigen Stellen zu sehen.

Eine Form der Higher-Order-Surfaces sind N-Patches, mit denen auch Truform arbeitet. Dabei werden die gekrümmten Oberflächen aus den Eckpunkten der Polygone errechnet. Truform verwendet dazu die Normalen, also die Richtungsvektoren des reflektierten Lichts an den Eckpunkten. Je nach Richtung und Länge dieser Vektoren lassen sich so mehr oder weniger gewölbte Oberflächen errechnen. In obigem Bild ist das am Helm und der Schulterpartie gut zu sehen. Das rechte 3D-Modell wirkt nicht nur deswegen realer, weil es aus mehr Polygonen besteht: Erst die Krümmung sorgt für den besseren Bildeindruck.

Auch die Beleuchtung profitiert von Higher-Order-Surfaces. Insbesondere Glanzlichter können so leichter eingesetzt werden, weil ihre Position nicht mehr fest an ein Polygon gebunden ist. Stattdessen können diese Reflexionen quasi über die gekrümmten Oberflächen gleiten.

Auch wenn der 3D-Chip per Truform die Hauptarbeit leistet: Derartige Verbesserungen der Bildqualität erfordern Anpassungen an den Programmen. Im Gespräch mit tecChannel.de gab Ed Knight, Technical Marketing Manager bei ATI, an, dass die Änderungen minimal sein sollen. Ohne jedoch "ein oder zwei Zeilen Code" zu ändern, so Knight, kann kein Programm besser aussehen. Es geht dabei vor allem um die Unterscheidung, welche Dreiecke unterteilt werden dürfen. Ist diese "Tesselation" beispielsweise bei Spielfiguren fast immer gewünscht, so kann sie bei Gebäuden mit harten Kanten überflüssig sein. Auch bei der steigenden Leistung der 3D-Chips gilt es noch, unnötige Berechnungen zu sparen.

Auch auf dem AGP-Bus spart Truform Bandbreite, da nur die N-Patches zusätzlich übertragen werden müssen, nicht aber die kompletten Daten für die zusätzlichen Polygone.

ATI möchte Truform bereits in seinem nächsten 3D-Chip anbieten. Dabei kann es sich nur um den von den Gerüchteküchen im Internet "Radeon 2" getauften Nachfolger des hier getesteten Radeon-Chips handeln. Sein Debüt wird noch im Sommer erwartet.

Weitere Hintergründe zur Technik von 3D-Beschleunigern verrät das tecChannel-3D-Lexikon. (nie)