AOL-Chefs unter Betrugsverdacht

Erst letzte Woche hatte AOL Time Warner eingeräumt, möglicherweise 49 Millionen US-Dollar (50,8 Millionen Euro) widerrechtlich als Einnahmen verbucht zu haben. Jetzt stehen 15 Topmanager des Konzerns, darunter AOL-Gründer Steve Case und der jetzige Vorstandschef Richard Parsons, im Verdacht, sich durch Aktienverkäufe illegal bereichert zu haben.

Wie die Financial Times berichtet, sollen die Führungskräfte zwischen Februar und Juni letzten Jahres Aktien des fusionierten US-Medienkonzerns verkauft und insgesamt fast 500 Millionen US-Dollar verdient haben.

Gleichzeitig habe das Management aber wiederholt betont, die sehr ehrgeizigen und mehr als ein Jahr zuvor angekündigten Umsatz- und Gewinnziele erreichen zu können; und das trotz der Flaute in der Medienbranche und dem Einbruch bei den Erlösen aus der Online-Werbung. Bis Mai 2001 stieg der Kurs der Aktie daraufhin bis auf 56,60 US-Dollar an, am gestrigen Donnerstag war die Aktie nur noch 14,10 US-Dollar wert.

Wie berichtet ermittelt die US-Börsenaufsicht SEC bereits wegen Falschbuchungen in Höhe von rund 49 Millionen US-Dollar. Dabei stehen auch die auffällig positiven Unternehmensmeldungen und ihre Profiteure im Blickpunkt. Der "Financial Times" zufolge soll Case rund 100 Millionen US-Dollar verdient haben, Parsons 21 Millionen US-Dollar. Der im Juli als Chief Operation Officer (COO) zurückgetretene Robert Pittmann soll demnach 66 Millionen US-Dollar eingenommen haben. Unklar sei, ob die Manager am Erreichen der Unternehmensziele zweifelten, als sie die Aktien verkauften, und ob sie über mögliche Bilanztricks informiert waren, schreibt die "Financial Times".

Die Börsenaufsicht dürfte sich vor allem dafür interessieren, ob die Umsatz- und Ergebnisprognosen bei AOL Time Warner unrealistisch waren und ob der Aktienkurs künstlich in die Höhe getrieben wurde. Zu den Aktienverkäufen selbst machte die SEC keine Angaben. Auch AOL Time Warner nahm zur laufenden Untersuchung der SEC keine Stellung. (jma)