Keine Büros mehr
7 Ratschläge für die IT im Jahr 2019
Altbundeskanzler Helmut Schmidt ist hierzulande beliebt wie sonst kaum jemand. Das liegt auch an seiner Aura abgeklärter Vernunft, die sich beispielsweise in seinem bekanntesten Bonmot ausdrückt: Wer Visionen habe, möge doch besser zum Arzt gehen. Für viele klingt das umso plausibler, nachdem sich eine ganze Reihe prophetischer Heilsversprechen als Irrwege entpuppt haben. Euphorische Zukunftserwartungen sind demnach eigentlich frühe 1970er. Speziell die IT indes mit ihrem rasanten Fortschrittstempo liefert allerdings Futter für Ausnahmen.
Daran kann man sich berauschen und beschwingt feststellen, dass Visionen sehr wohl inspirierend und insofern tatsächlich produktiv sein können. Am Ende höchstwahrscheinlich eine Frage des Maßes.
Sicher ist, dass die vor befremdlich ungebrochenen Optimismus strotzende Studie "2019 Technology Landscape" von Citrix keine angenehme Lektüre für Altkanzler Schmidt wäre. Und das gesunde Maß der anregenden, aber nicht überschießenden Vision wurde vermutlich nicht einmal gesucht.
Liebesbeziehung mit der Arbeit
Ein Beispiel dafür ist das von Citrix ausgerufene Paradigma zur Zukunft der Arbeit: "Loving Work" - unterfüttert mit einem Zitat Sigmund Freuds, nachdem Liebe und Arbeit die Eckpfeiler unseres Menschseins seien. Der vom Doyen der Psychoanalyse im Sinn gehabte Kontext ist für die Autoren nebensächlich.
Proklamiert wird das Glück der mit modernsten Endgeräten und Apps ausgerüsteten Knowledge Worker, die ihrer Flexibilität beim Arbeiten im Café frönen und sich in anspruchsvoller Projektarbeit ohne Zwänge freudig selbst verwirklichen. In der "Creative Economy", mit "Flex-Time", "Flex-Location" und auf der Suche nach "My Digital Advantage". Ein dreist überzeichnetes Zerrbild der Wirklichkeit also, wenngleich mit dem selbstverständlichen Quantum Wahrheit drin.
Visionsfeinde würden den 99 Seiten langen Blick also sofort in den Papierkorb befördern. Als CIO sollte man das aber nicht tun. Zum einen, weil die Prognose mittelfristiger Trends immer wissenswert ist - vor allem dann, wenn man wie IT-Chefs gelernt hat, Hype-Gelärm einzuordnen. Zum anderen, weil es von Citrix jenseits der Ebene einzelner Mitarbeiter auch Empfehlungen für die Unternehmen als Ganzes gibt, die nachdenkenswert sind.
Die Megatrends bis 2019
Ein neues Schlagwort gibt es ebenfalls zu memorieren: "Matternet". Das Autorenquartett um Citrix-Cheffuturist Guy Bieber versucht, jedem Jahr bis 2019 einen vorherrschenden Megatrend zuzuordnen:
Wearable IT für 2014, Internet of Things für 2015
Healthcare-Innovationen für 2016, fahrerlose Automobilität für 2017
Das Jahr 2018 steht unter dem Label Matternet
Robotics und Genomics für 2019 und danach
- Trends im Überblick
Selbst die kühnsten Hellseher wissen, dass es nicht exakt so kommen muss. Aber nach Lage der Dinge könnte es das. Für jedes Jahr sagt Citrix voraus, welche Technologie dominant sein wird: von der Wearable IT über das Matternet bis hin Robotics und Genomics. - Abgesang aufs Büro
Von der Büroarbeit, wie wir sie kennen, nimmt Citrix entschieden Abschied. Die Mitarbeiter der Zukunft sind demnach unglaublich begeistert von ihrer Arbeit. Schließlich kann sie in hippen Cafés erledigt werden. Die Kollegen sind zwar fern, aber Devices und Apps immer da. - Flexibilität und Kreativität
Grafisch sieht das individuelle Arbeitsleben demnach so aus: Die Menschen arbeiten als Freelancer in einer kreativen Wirtschaft; sie sind räumlich und zeitlich flexibel und realisieren mit den richtigen Klicks bequem ihre digitalen Vorteile. - Vorintegrierte Wesen
Aus Firmensicht sind diese Mitarbeiter "vorintegrierte" Wesen. Das heißt, dass sie jede Menge Apps und Tools auf eigenen Geräten mit ins Unternehmen bringen. Damit man sich das besser vorstellen kann, zeigt die Grafik eine Auswahl möglicher Apps der Mitarbeiter. - Virtualisiertes Unternehmen
Das Unternehmen der Zukunft existiert laut Studie vor allem virtualisiert. Das wird möglich dank einer Reihe von Lösungen für virtuelle Meeting, Collaboration und mehr. Die Grafik zeigt eine Auswahl davon. - Flure haben ausgedient
Klassische Büroflure wie links im Bild braucht es bald nicht mehr. Was nicht digital erledigt werden kann, geschieht stattdessen in flexibel gestaltbaren Räumen für die Collaboration der Zukunft. - Wolkige Globalisierung
Jeder kann an der globalisierten Ökonomie teilhaben, weil nahezu der gesamte Kernbereich des Unternehmens in die Cloud gelegt werden kann. Um das zu illustrieren, greift Citrix auf eine Grafik zurück, die ursprünglich von Gartner stammt.
Im Kern ist damit eine Beschleunigungswelle beim Internetvertrieb gemeint, die auf unbemannten Flugzeugen basiert. "Uns gelingt es beständig, physische Dinge leichter und effizienter zu bewegen", heißt es aus menschheitshistorischer Perspektive in der Studie. Die Entwicklung ist demnach von den ersten Postfilialen über Logistik-Automatisierungssysteme bislang zur Übernachtlieferung fortgeschritten, wie sie etwa Amazon anbietet. Dieser Service kostet aber und ist abhängig vom Gewicht der Fracht.
Mit Quadrocoptern samt ihren effizienten Motoren und ihren GPS-Systemen ist laut Studie bereits eine deutliche Preissenkung gelungen, die sich in Angeboten wie Amazon Prime Air oder Netflix Drone Parody materialisiert.