Computer Vision

Neues Verfahren für virtuelle 3D-Rekonstruktionen

Informatiker der Uni Bonn haben einen neuen Lösungsansatz für3D-Darstellungen entwickelt. Er soll die meisten gängigen Verfahren in den Schatten stellen. Die Methode erlaubt u. a. auch die Berechnung virtueller Kamerafahrten á la Hollywood.

Die Bonner Forscher haben aber nicht vor, den Special Effects Abteilungen von Hollywood ins Handwerk zu pfuschen. "Uns geht es um ein allgemeineres Problem", sagt Professor Dr. Daniel Cremers von der Uni Bonn. "Wir fotografieren ein Objekt aus verschiedenen Blickwinkeln. Aus diesen Aufnahmen wollen wir dann die dreidimensionale Gestalt des Objekts rekonstruieren." Weiß man, wie das Fotomotiv in 3D aussieht, lässt sich am Computer relativ einfach eine Kamerafahrt programmieren. Das Ganze funktioniert nicht nur mit Fotos, sondern eben auch mit Filmsequenzen.

Beethoven in 3D: Der Kopf wurde aus 33 Fotos dreidimensional rekonstruiert. Am Computer ließe sich die Statue nun problemlos in alle Raumrichtungen drehen oder auch von einer virtuellen Kamera umkreisen. Foto: Kalin Kolev, AG Cremers
Beethoven in 3D: Der Kopf wurde aus 33 Fotos dreidimensional rekonstruiert. Am Computer ließe sich die Statue nun problemlos in alle Raumrichtungen drehen oder auch von einer virtuellen Kamera umkreisen. Foto: Kalin Kolev, AG Cremers
Foto: xyz xyz

Unser Gehirn führt permanent 3D-Rekonstruktionen durch. Wenn wir vor uns eine Kaffeetasse sehen, wissen wir intuitiv, wie weit wir den Arm ausstrecken müssen, um den Henkel zu greifen. Unsere Augen sehen die Tasse nämlich aus unterschiedlichen Blickwinkeln. Die beiden Bilder, die sie liefern, weichen daher leicht voneinander ab. Aus diesem Unterschied kann das Sehzentrum den Abstand des Henkels berechnen.

Das hört sich simpel an. Diese Fähigkeit in einen Algorithmus zu übersetzen, ist aber extrem schwierig. Rund um den Globus ist momentan ein Wettbewerb um das beste Verfahren im Gange. "Wir liegen derzeit auf Platz 2", so Cremers weiter. "Unsere Methode ist überdies das weltweit erste konvexe Optimierungsverfahren. Das bedeutet, dass sie unter allen denkbaren Oberflächen nachweislich die beste berechnet."

Um zu berechnen, wie weit ein beliebiger Punkt auf der Kaffeetasse von zwei Kameras entfernt ist, muss man zwei Dinge wissen. Erstens: Position und Ausrichtung der Kameras. Zweitens: die Information, welche Bildpunkte in beiden Aufnahmen miteinander korrespondieren. Frage eins lässt sich leicht klären. An Frage zwei beißt sich der Computer die nicht vorhandenen Zähne aus: Er weiß einfach nicht, welcher Bildpunkt in Foto 1 zu welchem Bildpunkt in Foto 2 gehört. Der Algorithmus der Bonner Informatiker löst genau diese Aufgabe.

Mitunter kann man 3D-Rekonstruktion sogar unrettbar verloren geglaubten Kunstobjekten neues (wenn auch nur virtuelles) Leben einhauchen. Ein Beispiel ist die berühmte Buddha-Statue von Bamiyan in Afghanistan. Die Taliban hatten das 55 Meter hohe Kunstwerk im März 2001 zerstört. Seitdem existieren davon nur noch Fotos. Mit Hilfe dieser Bilder ist es inzwischen gelungen, die Statue im Computer zu rekonstruieren. Cremers: "Mit unserer Methode lassen sich derartige 3D Rekonstruktionen noch deutlich verbessern und automatisieren." (dsc)