Engpass Mitarbeiter-Know-how

So funktioniert Big Data in der Praxis

Wenn es Data Scientists mit Programmierfähigkeiten gäbe, würden nach Expertenmeinung weniger Big Data-Projekt scheitern. Gartner geht indes davon aus, dass die Firmen bis 2016 den sinnvollen Umgang mit komplexen Daten gelernt haben. Bestes Lehrmaterial auf dem Weg dahin sind Wetterberichte.

Übers Wetter wird gerne geredet – sowieso und immer, aber in jüngster Zeit aus besonders eindrucksvollen Gründen. Rekordfluten, ein eisiger Spätlenz, grüne Weihnachten und weiße Ostern, dazwischen Bullenhitze und Hundswetter – die Kapriolen reißen nicht ab. Sie betreffen alle, aber eine Fülle von Firmen ganz besonders. Wer Saisonprodukte anbietet oder auf reibungslosen Transportverkehr angewiesen ist, wüsste wirklich gerne lange vorher und möglichst sicher, wie es denn wird, das Wetter. Unsere amerikanische Schwesterpublikation CIO.com hat kürzlich in einem Artikel eine Reihe von Initiativen in diesem bewegten Sektor vorgestellt. Schließlich ist die Auswertung einer schieren Menge an Wetterdaten ein Feld, auf dem sich das immer noch ungefähre Anwendungspotenzial eines aktuellen IT-Megatrends anschaulich machen lässt. Bryson Koehler, CIO beim Meteorologiedienst The Weather Channel, bringt es auf den Punkt: „Das Wetter ist ein originäres Big Data-Problem."

„Big" heißt in diesem Fall: Jeden Tag werden rund 20 Terabytes an Informationen über Wind, Niederschläge, Temperaturentwicklung sowie Luftdruck und Luftfeuchtigkeit verarbeitet, auf dieser Basis das Risiko für Wirbelstürme, Erdbeben und andere Naturkatastrophen abgeschätzt. Der Trend – nicht nur bei The Weather Channel – geht dahin, die Vielzahl an interessierten Anwendern mit detaillierten Analysen zu versorgen und Wetterberichte via Apps auf die Smartphones dieser Welt zu schicken. Nicht passé ist das seit Menschengedenken gültige Naturgesetz, dass es mit dem Wetter manchmal doch anders kommt als erwartet. Dennoch wächst die Präzision der Vorhersagen. Und die Schar an Unternehmen, für die diese bares Geld wert sind.

Firmen machen Wetterdaten zu Geld

CIO.com nennt als Beispiele unter anderem den Pharmahersteller Merck und die Einkaufskette Wal-Mart, die auf Basis von Wetterdaten genau über den Beginn der Pollensaison Bescheid wussten und so das Antiheuschnupfenmittel Claritin pünktlich in ausreichenden Mengen produzieren und vertreiben konnten. Der Logistiker DHL Express koordiniert täglich etwa 3000 Flüge weltweit und sammelt dafür Daten, die über Sichtverhältnisse und damit über mögliche Flugausfälle Aufschluss geben. Von höchster Wichtigkeit war das beispielsweise 2010, als der isländische Vulkan mit dem unaussprechlichen Namen tagelang die europäischen Flughäfen von der Welt abschottete. Versicherungen überprüfen anhand von Wetterdaten, ob gemeldete Schadensfälle sich so tatsächlich ereignet haben können; Energieversorger benötigen Prognosen für mögliche Katastrophen, um ihre Notfallversorgung entsprechend planen zu können.

Das sind spektakuläre und einleuchtende Beispiele dafür, dass sich Big Data auszahlen kann. Gleichwohl läuft es mit der Analyse großer Datenmenge in der Praxis der IT-Abteilungen nicht überall so nachvollziehbar und rund. Die Analysten von Gartner weisen aktuell daraufhin, dass es bei Big Data vor allem auf die Anwendungsszenarien ankommt und dass dadurch nicht alle anderen Praktiken zur Datenanalyse unwichtig werden. Die Kernbotschaft lautet, dass Firmen ihre Daten als werthaltige Güter begreifen sollten.

Bis 2016 haben die Firmen nach Einschätzung von Gartner diese Lektion weitgehend verstanden. Dann werde auch der Hype um das Schlagwort Big Data vorüber sein. Die entsprechenden Technologien seien dann ausgereift, es werde nur noch und ganz einfach um Daten gehen. Dazu seien breite Ansätze gefragt, um mit der jeweiligen Vielgestaltigkeit, Menge und Geschwindigkeit passend umgehen zu können.