Datev-Chef Dieter Kempf im Gespräch

„ZUGFeRD wird der neue Standard für elektronische Rechnungen“

Dieter Kempf ist Vorstandsvorsitzender der Datev und Präsident des ITK-Branchenverbands Bitkom. Unsere Schwesterpublikation COMPUTERWOCHE sprach mit ihm über das neue Standardformat für elektronische Rechnungen ZUGFeRD, über Big Data im Rechnungswesen und über das geplante IT-Sicherheitsgesetz.

CW: IBM hat angekündigt, mit dem Cloud-Dienst "Watson Analytics" die Auswertung komplexer Geschäftszahlen und -prognosen radikal zu vereinfachen. Was ist und wie steht es um Big Data im Rechnungswesen?

Dieter Kempf: Mit Big Data umschreiben wir die sofortige und gleichzeitige Analyse großer unstrukturierter und strukturierter Datenmengen. Im Rechnungswesen liegen außer im Dokumenten-Management vorrangig strukturierte Informationen vor. Daher ist Big Data Analytics in diesem Bereich trotz relativ großer Datenmengen leichter abbildbar als beispielsweise im Gesundheitsbereich, wo mehr bildverarbeitende Systeme in Echtzeit eingesetzt werden. Darin erzeugte Daten müssen dann mit strukturierten Daten in einen Kontext gesetzt werden - das ist viel aufwendiger. Im Rechnungswesen hingegen haben wir es zwar mit großen Datenvolumina zu tun, doch die Anforderungen an die Datenbankschnelligkeit sind überschaubar. Big Data im Rechnungswesen ist also einfacher zu bewerkstelligen, weil viel weniger Bilddaten zu verarbeiten sind. Ändern könnte sich dies aber durch ZUGFeRD.

Prof. Dieter Kempf ist Vorsitzender des Vorstands der Nürnberger Datev eG sowie Präsident des IT-Branchenverbands Bitkom.
Prof. Dieter Kempf ist Vorsitzender des Vorstands der Nürnberger Datev eG sowie Präsident des IT-Branchenverbands Bitkom.
Foto: Datev

CW: ZUGFeRD ist ein Ende Juni 2014 vom Bundeswirtschaftsministerium und Bitkom bekannt gegebenes Standardformat für elektronische Rechnungen. Wird es zum neuen europäischen Standard?

Dieter Kempf: Ich hoffe und ich glaube es, weil es ein einfaches, systematisches und marktgängiges Verfahren verwendet und zu einer durchgängigen elektronischen Prozesskette führt. Die Verknüpfung bleibt immer erhalten, selbst wenn strukturierte Daten wie der Buchungssatz und unstrukturierte Daten wie das PDF-Rechnungsdokument getrennt werden.

ZUGFeRD bietet große Chancen für die Archivierung. Unverrückbar hängt am Buchungssatz die Bilddatei, die PDF-Rechnung aus dem Dokumenten-Management-System. Alle wesentlichen Informationen des Belegs wie Rechnungssteller oder Betrag werden als XML-Code an ein äußerlich gewöhnliches PDF-Dokument angehängt. Die hinterlegten Daten fließen automatisch in die Buchhaltung ein. Erkennungsfehler, die sich bisher aus schlecht lesbaren PDF-Bildern ergaben, sind folglich ausgeschlossen. ZUGFeRD bietet große Chancen für eine rein elektronische Archivierung.

CW: Funktioniert das bereits heute?

Dieter Kempf: Mit den Herbst-Releases geben wir bei Datev die ZUGFeRD-Verarbeitung in unseren Programmen frei. Es gibt keine technischen Lücken.