BI - Auswirkungen der Digitalisierung

Business Intelligence - Welche Trends setzen sich durch?

Die rasante Digitalisierung hat in den letzten Jahren auch im Bereich Business Intelligence zahlreiche neue Entwicklungen gebracht. Welche davon etablieren sich dauerhaft in Unternehmen, welche sollte man im Auge behalten? Eine Bestandsaufnahme heutiger Installationen und ihrer Potenziale gibt Orientierung für anstehende BI-Entscheidungen.

Big Data, Smart Data, Predictive Analytics, In-Memory, Self-Service, Mobile BI - mit dem enormen Tempo der digitalen Transformation wurden auch im BI-Sektor zahlreiche neue Schlagworte in den Raum geworfen. Beim Blick in die Unternehmenspraxis zeigt sich, dass einige Entwicklungen schnell adaptiert wurden und daher heute schon nicht mehr als Trendbegriff auftauchen. Stichworte wie "Mobile BI" oder "In-memory" beispielsweise sind keine spannenden Neuerungen mehr, sondern Selbstverständlichkeiten. Ebenso wie von privaten Medien erwarten wir auch von BI-Systemen, dass sie mit schnellen Anwortzeiten und unbeschränktem Zugriff über alle Endgeräte verfügbar sind - wie das funktioniert, ist für die Nutzer uninteressant.

Business Ingelligence macht Analyseergebnisse aus Big Data sichtbar und liefert Ergebnisse, mit denen in der Praxis gearbeitet werden kann.
Business Ingelligence macht Analyseergebnisse aus Big Data sichtbar und liefert Ergebnisse, mit denen in der Praxis gearbeitet werden kann.
Foto: Sergey Nivens - shutterstock.com

Als eigenständige BI-Disziplinen, die sich über ihre Anwendungsbereiche definieren und bis in die IT-Architektur manifestieren, haben sich dagegen die Bereiche Operative BI und Self-Service-BI herauskristallisiert. Sie etablierten sich zunehmend neben der klassischen BI, die mit ihrem Fokus auf die Controlling-Themen Reporting, Planung und Analyse natürlich auch künftig ihren festen Platz im Unternehmen haben wird. Diese drei aussichtsreichen BI-Disziplinen sollte man im Blick haben, wenn BI-Entscheidungen anstehen.

Klassische BI für Controlling und CPM

Finanzanalysen und Berichterstattung im Rahmen standardisierter betriebswirtschaftlicher Steuerungsgrößen als originäre BI-Anwendung werden auch künftig Kernprozesse im Unternehmen sein. Angesichts volatiler Märkte gewinnen dabei vorausschauende Analysen noch weiter an Bedeutung; die rückwärtsgewandte Analyse historischer Werte reicht für die geforderte zeitnahe, proaktive Unternehmenssteuerung nicht mehr aus. Vor allem im Rahmen von Planung und Forecasting entwickeln sich daher mathematisch-statistische Prognosen, Trendfortschreibungen auf Basis von Vergangenheitswerten und Szenarien-Simulation zunehmend zu Standardfunktionen von BI-Applikationen.

Viele Unternehmen verfolgen derzeit aber auch bodenständige Ziele wie die Integration ihrer gesamten Berichtslandschaft. Reporting, Planung und Konsolidierung sollen mit einheitlichem Zahlenwerk in einer durchgängigen IT-Plattform laufen. Systemgestützte Prozesse, automatisierte Datenströme und ein konstistenter Datenpool sollen Berichtsprozesse effizienter machen und aktuelle, valide Ergebnisse liefern. Dazu sind vor allem Funktionalitäten für eine durchgängige Prozesssteuerung mit detaillierter Zugriffsrechte-Regelung, Workflows mit modernem Rollenkonzept sowie leistungsfähige ETL-Werkzeuge nötig. Auch Compliance-Aspekte nehmen immer mehr Raum ein; die Infomationsverarbeitung im Finanzbereich muss jederzeit zuverlässig, regelkonform und revisionssicher dokumentiert verlaufen.

Die traditionelle Data-Warehouse-Architektur - das heißt Vorsysteme, relationales DWH und der darauf aufbauende multidimensionale Data Mart mit vordefinierten betriebswirtschaftlichen Analysen und Aggregationen samt entsprechender ETL-Prozesse - hat sich für Controlling- und CPM-Anwendungen vielfach bewährt. Sie bietet den benötigten konstistenten Datenpool für performante, valide Analysen im Rahmen betriebswirtschaftlicher Standards und wird daher wohl auch künftig die am besten geeignete Lösung der Wahl bleiben.

Operative BI: Trends in Massendaten aufspüren

Vor allem im Bereich operative BI manifestieren sich zahlreiche neue Technologien und Methoden, die sich unter dem gemeinsamen Ziel "Vorausschauende Analyse von Massendaten" zusammenfassen lassen. Neben den Schlagworten "Big Data" und "Smart Data" gehören dazu Begriffe wie IoT, Industrie 4.0, Social Web, Sensor Intelligence, Telemetrie, Predictive Analytics, Statistische Analysen und Data Mining. Grundsätzlich geht es darum, riesige Datenmengen aus zum Teil neuen und heterogenen Datenquellen zu verschiedensten Zwecken auszuwerten - also aus Big Data wertvolle Informationen zu generieren, Zusammenhänge aufzudecken, Prozesse zu optimieren und frühzeitig Trends abzuleiten.

Als betriebswirtschaftliche Ziele stehen derzeit optimierte Wertschöpfungsketten von Produkten im Fokus - von der Entwicklung über die Fertigung, Logistik und gezielte Vermarktung bis zu damit verbundenen Dienstleistungen. Die bearbeiteten Inhalte reichen also weit über die klassischen Controlling-Aufgaben hinaus. Der zeitliche Analyse-Horizont richtet sich auf Zukunftstrends, und zwar möglichst individuell mit Blick auf einzelne Produkte, Chargen, bestimmte Zielgruppen oder den Endkunden.

Dieser Bereich steht noch ganz am Anfang, das Entwicklungspotenzial ist enorm und mit heutigem Wissen kaum absehbar. Über die letzten drei Jahre haben sich hier Standardarchitekturen und Technologien etabliert und einen ersten Reifegrad erreicht. Diese werden sich noch stetig weiterentwickeln. Die naheliegende systemtechnische Lösung ist, unverarbeitete Rohdaten aus verschiedenen Quellen auf leistungsfähigen Servern zu speichern und von dort ohne Umweg über ein Data Warehouse direkt in hoch performaten Analysesystemen auszuwerten. Nur ausgewählte Daten beziehungsweise Analyseergebnisse werden in diesem Systemkonzept zusätzlich im Enterprise Data Warehouse als Grundlage für weitere betriebswirtschaftliche Analysen abgelegt.

Self-Service-BI: Ad-hoc-Analysen für Einzelanwender

Als dritte Disziplin ist Self-Service-BI inzwischen in vielen Unternehmen verankert. Hier sind es zumeist die Fachabteilungen, die sich über einfach bedienbare BI-Frontends schnell und flexibel selbst mit Informationen für ihren Geschäftsalltag versorgen. Typisch ist der direkte Zugriff auf operative Vorsysteme oder das Einlesen einzelner Excel-Sheets. Die spontan benötigten Informationen werden individuell zusammengestellt und können vom Anwender direkt analysiert und aufbereitet werden.

Die dahinterliegende BI-Architektur ist allerdings nicht daraufhin konzipiert, komplexe Auswertungen, die ein vorverdichteter Data Mart mit hinterlegten Formeln etwa im Controlling-Umfeld ermöglicht, zu unterstützen. Auch unternehmensweite dezentrale Reporting- und Planungs-Szenarien in rollenbasierten Plattformen sind nicht anvisiert. Im Zentrum steht vielmehr der spezielle Bedarf eines einzelnen Anwenders mit Auswertungen auf individuellem Datenschnitt, ohne Anspruch auf Allgemeingültigkeit der Analyseergebnisse.

Innovationstreiber von BI-Applikationen

Zentrale Anforderungen an BI-Systeme treiben die Entwicklung in allen drei BI-Disziplinen voran. Die Themen Integrationsfähigkeit, Datenmanagement, Usability und Cloud sehe ich dabei an vorderster Stelle.

Integration: Insellösungen haben keine Zukunft. Spezialisierte BI-Applikationen können nur als modularer Bestandteil integrierter Systemlandschaften ihren vollen Mehrwert entfalten, und nur so bleiben auch Compliance und Administrationsaufwand beherrschbar. Das gilt sowohl für Anwendungen innerhalb einer BI-Disziplin, wie zum Beispiel der angestrebten durchgängigen Plattform für alle Controlling-Prozesse, als auch für das Zusammenspiel der drei BI-Disziplinen untereinander.

Datenmanagement: Leistungsfähige Systeme zur Verarbeitung großer Datenmengen und neuer Datenquellen stehen schon heute bereit und werden sich schnell weiterentwickeln - an den technischen Grundlagen wird es nicht scheitern. Der erfolgskritische Faktor innovativer BI-Anwendungen liegt vielmehr beim organistorisch verankerten Datenmanagement. Systematisches DQM, Strukturierung verschiedenen Datenarten, Schnittstellendefinition, geregelte Speicher- und Löschzyklen - hier gibt es in der Unternehmenspraxis viel Nachholbedarf. Gute Erfolgsaussichten für eine unternehmensweite, nachhaltige Datenstrategie bietet zum Beispiel die Einrichtung eines strategischen Kompetenzzentrums, das sich mit IT- und Fachexperten und der nötigen Rückendeckung durch die Unternehmensleitung dauerhaft um das Thema Datenmanagement kümmert.

Usibility: Moderne BI-Systeme stellen den Anwender in den Fokus des Systemkonzepts. Sie kombinieren intuitive Bedienoberflächen mit individuell steuerbaren Rollenkonzepten. Die Systemoberfläche ist so gestaltet, dass sie den Anwender fokussiert und komfortabel durch sein Aufgabengebiet führt und so hohe Funktionalität, Fachlichkeit und Performance mit dem Gefühl der "Leichtigkeit" für den Nutzer verbindet. Fachlich bzw. branchenspezifisch ausgerichtete BI-Systeme, die Anwender in ihrem komplexen Tagesgeschäft unterstützen, sind daher derzeit auf dem Vormarsch.

Cloud: Durch die Auslagerung von IT-Infrastrukturen, Plattformen und Applikationen in die Cloud haben auch Unternehmen mit begrenzten IT-Ressourcen und -Budgets die Chance, komplexe BI-Lösungen zu nutzen und gleichzeitig auf dem professionellen Sicherheitsniveau der Rechenzentren zu arbeiten. In den Unternehmen schafft das neuen Raum, sich auf die eigenen Kernkompetenzen zu konzentrieren und die Applikationen dort zu verankern, wo sie auch ihren Mehrwert entfalten, nämlich in den Fachabteilungen.

Fazit: Potenziale für das eigene Unternehmen ermitteln

BI hat sich inzwischen weit über die klassischen Themen der Unternehmenssteuerung hinaus entwickelt. Die Anwendungsbereiche sind vielfältig, und in der Praxis decken BI-Installationen die drei vorgestellten Diziplinen oft überschneidend ab. Die Klassifizierung der wichtigsten Strömungen kann jedoch helfen, sich Klarheit über den eigenen Bedarf zu verschaffen, denn darauf kommt es an: Die Zielsetzung des gewünschten BI-Einsatzes klar zu definieren, dies organisatorisch zu verankern und die vielfältigen Lösungen am Markt auch mit Blick auf die Innovationstreiber Integration, Datenmanagement, Usiblity und Cloud zu sondieren. So stehen die Chancen sehr gut, dass man die passende Lösung mit Potenzial für das eigene Unternehmen findet. (bw)