Zu Unrecht in Verruf

Schatten-IT als Innovationsmotor in Unternehmen

Schatten-IT – der Begriff an sich klingt erst einmal düster, negativ. Allerdings ist dieser Trend, der sich durch Unternehmen jeder Größe und aller Branchen zieht, weitaus weniger schlimm, als es der Begriff zunächst erscheinen lässt. Viele Unternehmen haben einen Weg gefunden, davon zu profitieren anstatt vergeblich dagegen zu arbeiten.

Fast jeder von uns ist - in unterschiedlichem Ausmaß - Teilhaber an der Schatten-IT. CIOs und ganze Managementteams sollten deshalb einen Weg finden, von dem Trend zu profitieren, anstatt vergeblich dagegen zu arbeiten. Und viele machen das auch bereits erfolgreich.

Nur ein Zehntel der Unternehmen kennt das Ausmaß ihrer Schatten-IT, so die Cloud Security Alliance. Genauso wie BYOD viele Firmen überrascht hat, breitet sich das Phänomen Schatten-IT rasant aus - nur in einem viel größeren Ausmaß.

Der IT-Abteilung gelingt es häufig nicht, einen Überblick über alle Tools zu erhalten, mit denen die einzelnen Mitarbeiter im Firmennetzwerk arbeiten. Aber warum nicht einfach diese Tools proaktiv aus ihrem Schattendasein herausholen?
Der IT-Abteilung gelingt es häufig nicht, einen Überblick über alle Tools zu erhalten, mit denen die einzelnen Mitarbeiter im Firmennetzwerk arbeiten. Aber warum nicht einfach diese Tools proaktiv aus ihrem Schattendasein herausholen?
Foto: higyou-shutterstock.com

Ganze Abteilungen wie Vertrieb oder Forschung und Entwicklung nutzen neue Anwendungen, die ihnen ihre tägliche Arbeit erleichtern, ohne dass die IT-Abteilung davon weiß oder daran beteiligt ist. Viele Mitarbeiter nutzen Cloud-basierte Collaboration-Tools zum Austausch und Teilen von Dokumenten, und wissen nicht einmal, dass es sich hier eigentlich um Schatten-IT handelt. Fakt ist: Die einzelnen Abteilungen haben unterschiedliche Ansprüche an die Technologie, die sie täglich brauchen. Deshalb wählen immer mehr Mitarbeiter ihre Technologie selbst aus, ohne die IT-Abteilung zu involvieren oder deren Freigabe einzuholen.

Bequemlichkeit oftmals Grund für Schatten-IT

Ein namhaftes Beispiel für Schatten-IT war der Skandal um Hillary Clinton und ihre E-Mail-Nutzung. Sie nutzte einen privaten E-Mail-Account für offizielle Aufgaben. Vermutlich weil es einfach praktikabler für sie war, den privaten Mail-Account zu nutzen, als den, der ihr von offizieller Seite zur Verfügung stand. Insgesamt half ihr ihre Vorgehensweise wohl, möglichst produktiv und effizient zu handeln.

Was hier im Einzelfall passierte, ist in vielen Unternehmen und Organisationen an der Tagesordnung. Die Schatten-IT erhöht zwar die Produktivität und Effizienz der Endanwender, bringt innovative Anwendungen und Technologien ins Unternehmen, aber entpuppt sich für die IT-Abteilung als absoluter Albtraum. Viele IT-Verantwortliche finden immer noch, dass dieser Trends ausufert und fürchten den damit verbundenen Kontrollverlust. Aber immer mehr erkennen CIOs und ihre Teams auch die enormen Chancen der Schatten-IT.

Schatten-IT als Büchse der Pandora?

Zunächst ist es für IT-Abteilungen allerdings sehr schwierig, Regeln aufzustellen. Denn sobald eine Schatten-IT-Anwendung von der IT nicht mehr zugelassen ist, greifen die Anwender einfach auf ein anderes Schatten-IT-Tool zurück. Und das ist der Grund, warum IT-Abteilungen einen Weg finden müssen, Schatten-IT zu integrieren anstatt gegen sie vorzugehen.

Ein anderer Grund, warum man Schatten-IT "legalisieren" sollte, ist, dass sie Mitarbeiter motiviert, nach innovativen und effektiven Arbeitsweisen zu suchen. Nehmen wir ein Vertriebsteam als Beispiel: Es nutzt eine Cloud-basierte Collaboration-Plattform um neue Leads auszutauschen anstatt hunderte von E-Mails zu schreiben oder Stunden um Stunden in Konferenz-Calls zu verbringen. Schatten-IT kann auch dafür verwendet werden, Apps oder Tools auszuprobieren. Und wenn Mitarbeiter Apps ausprobieren, sollte sich die IT-Abteilung Einblicke verschaffen und sehen, ob nicht das ganze Unternehmen davon profitieren kann.

Wenn Schatten-IT Auswirkungen auf Systeme und Netzwerkkapazität hat oder geschäftskritische Bedeutung erlangt, müssen IT-Abteilungen sie aus dem Schatten herausholen. Eine Cloud-basierte Videotransfer-Plattform könnte beispielsweise ein Bandbreitenproblem für eine Bank verursachen und andere Anwendungen wie CRM-Tools verlangsamen, die kritischer für das Kerngeschäft sind. Hier muss die IT-Abteilung auf jeden Fall eingreifen.

Wichtig ist es auch, einen Blick auf die Beschaffung von Schatten-IT zu werfen. Die Mehrheit dieser Anwendungen kommen aus der Cloud und können binnen weniger Minuten per Kreditkarte gekauft werden und laufen danach in wenigen Sekunden. Aber was ist mit SLAs? Oder mit Problembehebung, wenn die Lösung nicht mehr funktioniert oder Probleme bereitet? Und was ist mit Compliance-Anforderungen: wo werden beispielsweise die Daten gehostet?

Dafür bedarf es wichtiger vertraglicher Absicherungen und festgelegter Parameter bezüglich Verfügbarkeit und Support. Und man benötigt eine gewisse Erfahrung bei der Beschaffung, die nicht jeder Mitarbeiter im Unternehmen hat. Hier ist also spezifisches Know-how außerhalb der Schatten-IT gefragt.

Mehr Agilität durch Schatten-IT

Schatten-IT ist eine agile und vielfältige Art und Weise der Beschaffung und des Einsatzes von Technologie. Da Unternehmen aber immer mehr auf solche Anwendungen angewiesen sind, ist es die Aufgabe der IT-Abteilungen, sie aus dem Schattendasein herauszuholen und zu legalisieren. Smarte CIOs nutzen Schatten-IT zu ihrem Vorteil und unterstützen deren Einsatz beispielsweise offiziell in Pilotprojekten. So behalten sie den Überblick. Schatten-IT sollte insgesamt keine negative Erscheinung in Unternehmen sein. Unternehmen sollten sie sich lieber zu Nutze machen, um die Produktivität und Innovationskraft zu erhöhen und die täglichen Prozesse der verschiedenen Abteilungen bestmöglich zu unterstützen.

Haben Sie eigene Erfahrungen mit Schatten-IT gemacht? Ich würde mich über einen regen Austausch zu dem Thema sehr freuen. (bw)